Dass das Denkmal für Lueger noch immer da – auf dem Karl-Lueger-Platz – steht, dass Menschen an dieser Adresse wohnen und arbeiten müssen, daran stößt sich Bast. Und nicht nur er.
Gemeinsam mit der jüdischen Hochschülerinnenschaft, der Künstlergruppe Schandwache und Ensemblemitgliedern von Burg- und Volkstheater protestieren Vertreterinnen und Vertreter der Angewandten unter dem Motto „Platz da!“ für die Umbenennung des Lueger-Platzes. Seit 16. Mai immer am Montag und immer ab 17 Uhr ungefähr eine dreiviertel Stunde lang. Direkt vor dem Denkmal lesen Künstler, Schauspieler und Intellektuelle Original-Zitate Luegers und Textbeiträge unter anderem von Künstler Eduard Freudmann, Germanist Simon Nagy und Architektin Gabu Heindl, die zur Diskussion rund um Platz und Denkmal erschienen sind.
Doron Rabinovici kam am ersten Montag, Cornelius Obonya am zweiten Montag. Arrangiert wurde die Lesung von Gerhild Steinbuch, Schriftstellerin und Professorin an der Angewandten. „Wir bleiben solange da, bis es ein konkretes Bekenntnis zur Umbenennung gibt“, sagt sie. Dass ein Antisemit an so prominenter Stelle in der Stadt gewürdigt wird, sei „ungeheuerlich“.
2009 schrieb die Angewandte erstmals die Umgestaltung des Denkmals aus, doch umgesetzt werden konnte bis jetzt nichts. 2016 ließen der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) und der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl (ÖVP), eine Zusatztafel anbringen. Die aktuelle Kulturstadträtin, Veronica Kaup-Hasler, ließ im KURIER-Interview jüngst wissen, dass sie „gegen das Wegräumen von Denkmälern“ ist, denn: „Menschen, die etwas wegräumen wollen, löschen auch Geschichte aus.“
Wer das Lueger-Denkmal entfernen lässt, bedient sich also der berüchtigten Cancel Culture, der Kultur der Zensur, weil – salopp gesagt – einmal da gewesene Meinungen nicht mehr so prominent sind?
„Das Argument setzt der Diskussion ein Ende und ist diffamierend“, sagt Tanja Schult. Die Kunsthistorikerin der Universität Stockholm verbringt gerade ein Forschungsjahr an der Akademie der Wissenschaften, unterstützt den Protest vor dem Lueger-Denkmal und spricht sich „tendenziell“ dafür aus, das Denkmal zu entfernen. „Viele Menschen sprechen sich für die Entfernung aus, weil sie ein historisches Bewusstsein dafür entwickelt haben, dass Luegers Antisemitismus ihn für alle Zeit diskreditiert hat“, sagt sie. Und er die Ehrung durch ein Personendenkmal deshalb nicht verdiene. „Es gibt keinen Grund, an diesem Denkmal festzuhalten. Worauf wartet Wien?“, fragte Schult vergangenen Montag.
Auf die Ausschreibung zum Wettbewerb für die Umgestaltung des Denkmals. Die hat Kulturstadträtin Kaup-Hasler für Herbst angekündigt. Der Ausschreibungstext ist für Schult entscheidend: Er werde zeigen, ob den Künstlerinnen und Künstler alle Freiheit gelassen wird. Und dazu gehöre auch die „mögliche Neu- oder Weggestaltung“.
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