Leopoldstadt: Busfahrer bügelt Betriebsunfall aus

SPÖ-Politiker Alexander Nikolai ist Buslenker, Koch, Mediator und Fußballtrainer.
Die SPÖ holt sich den Bezirk, der 2016 eher zufällig an die Grünen ging, zurück. Der neue Bezirkschef sorgt bereits für Aufregung.

Alexander Nikolai ist noch nicht einmal im Amt. Und schon hat er sich eine Rüge vom Bürgermeister eingefangen. Nikolai werde sich noch in die „Kommunikationsdisziplin“ einordnen, richtete ihm Michael Ludwig aus.

Der Grund für den Rüffel war ein Zeitungsartikel, in dem sich der baldige Leopoldstädter Bezirkschef deutlich für eine Rathaus-Koalition von SPÖ und Neos aussprach.

Im Bezirk mus sich Nikolai – der übrigens ausgebildeter Buslenker, Koch, Mediator und Fußballtrainer ist – nicht mit Koalitionsfragen herumschlagen: Der Bezirkschef wird automatisch von der stimmenstärksten Partei gestellt.

Diese heißt seit Sonntag SPÖ. Sie kam auf 35,4 Prozent. Genug, um die Leopoldstadt von den Grünen und der amtierenden Bezirkschefin Uschi Lichtenegger zurückzuerobern. Und damit im 71 Jahre lang rot regierten 2. Bezirk eine Art Betriebsunfall auszubügeln.

Zweite wurden Erste

Zur Erinnerung: Bei der Wahl 2015 siegte die SPÖ. Die Grünen landeten haarscharf auf Platz 2, vor der FPÖ. Diese hat daraufhin das Wahlergebnis beim Verfassungsgerichtshof angefochten – und zwar erfolgreich: Die Wahl musste 2016 wiederholt werden.

Leopoldstadt: Busfahrer bügelt Betriebsunfall aus

Uschi Lichtenegger (Grüne) will politisch aktiv bleiben.

Dabei geschah etwas, mit dem niemand (nicht einmal Lichtenegger selbst) gerechnet hatte: Die Grünen erhielten so viele Stimmen, dass sie die SPÖ überholten.

Das war nicht nur dem grünen Wahlprogramm, sondern vor allem dem Glück geschuldet: Viele rote Wähler dachten, dass das Rennen um Platz 1 bereits entschieden sei und es bei der Wahlwiederholung nur um den 2. Rang gehe. Das bereitete der SPÖ Mobilisierungsprobleme – und ebnete Lichtenegger den Weg ins Amt.

Schwierige Ausgangslage

Insofern war die Ausgangslage für die Grüne dieses Mal denkbar schwierig. Hinzu kam: Lichtenegger hatte nur vier anstatt fünf Jahre Zeit, um eigene Schwerpunkte zu umzusetzen – und so ihre politische Linie greifbar zu machen.

Beim geplanten Umbau der Praterstraße etwa lief ihr letztlich die Zeit davon: Erst kurz vor der Wahl präsentierte sie Visualisierungen mit Bäumen, breiteren Radwegen und einer Autospur weniger.

Dass die konkreten Pläne für das grüne Prestigeprojekt erst so spät vorlagen, hat mit zwei Dingen zu tun. Erstens: mit der SPÖ. Die Roten – auf die Lichtenegger für Beschlüsse im Bezirksparlament angewiesen war – legten sich quer, wo es nur ging. Und zweitens: mit Lichtenegger selbst. Sie wollte ursprünglich zwei Fahrstreifen wegnehmen, verwarf dieses Vorhaben aber und musste einen neuen Plan entwickeln.

Zurück an den Start

Jetzt wird das Konzept für den Umbau wohl wieder verworfen. Auch zu diesem Thema hat sich der designierte Bezirkschef Nikolai bereits geäußert: Er wolle die Pläne überarbeiten lassen, kündigte er an.

Erst steht aber noch seine Angelobung an: Diese wird in der konstituierenden Sitzung des Bezirksparlaments über die Bühne gehen. Sie ist für den 1. Dezember angesetzt.

Bis dahin wird übrigens auch klar sein, ob Ludwig Nikolais Faible für Pink teilt: Die Rathaus-Koalition soll nämlich bis Mitte November stehen.

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