Leihräder in Wien: Virtuelle Flotte größer als die offizielle
Mittlerweile stehen sie an jeder Ecke: Die Räder der Bike-Sharing-Anbieter oBike und Ofo, die per Smartphone-App ausgeliehen werden können. 1500 Stück sind es insgesamt, sagen die beiden Start-ups. Wie KURIER-Recherchen zeigen, befinden sich aber weit mehr Leihräder in der Stadt.
oBike hat nach eigenen Angaben 800 grau-orange Räder auf Wiens Straßen stationiert. Die gelbe Ofo-Flotte ist offiziell 700 Stück stark. In den Apps scheinen – abgefragt zu verschiedenen Tageszeiten – hingegen bis zu 975 oBike- und 1384 Ofo-Räder innerhalb der Stadtgrenzen auf. Eine mögliche Erklärung: Die Anbieter zeigen Fahrräder an Orten an, die dort in Wirklichkeit nicht stehen, um den Eindruck größerer Verfügbarkeit zu erwecken. Oder sie haben deutlich mehr Räder aufgestellt, als sie zugeben. Der Schweizer Tagesanzeiger hat oBike dieses Vorgehen in Zürich nachgewiesen.
Die Größe der oBike-Flotte wurde über die Programmierschnittstelle (API) der App abgefragt. Über APIs können Unternehmen ihre Daten Drittanbietern zur Verfügung stellen, ähnlich wie seit kurzer Zeit Google Maps auch Daten der Wiener Linien nutzt. Die Zahl der Ofo-Räder konnte nur über Umwege ermittelt werden, da das Unternehmen die erforderlichen Daten nicht frei zur Verfügung stellt. Der gewählte Modus birgt allerdings die Unsicherheit, dass Räder in Bewegung doppelt gezählt werden. Da die Daten um drei Uhr morgens abgefragt wurden, ist die Fehler-Wahrscheinlichkeit aber gering.
Lagerbestände
oBike erklärt den Rad-Überschuss in der App mit Status-Problemen. Unter den aktiv gesetzten – und damit in der App sichtbaren – Exemplaren seien einige, die etwa in Lagern geparkt sind. Ebenso scheinen manche von Vandalen zerstörte Räder auf. Das Unternehmen sei dabei, den Aktivitätsstatus der Fahrräder zu optimieren, sagt Geschäftsführer Daniel Junge.
Ofo entgegnet in einer schriftlichen Stellungnahme, dass die eruierte Flottenstärke weder jene Fahrräder widerspiegele, "die tatsächlich auf der Straße verfügbar sind, noch jene, die in Wien gelagert sind". Bestände in verschiedenen Lagern seien aber mit ein Grund für die Abweichung von der offiziellen Gesamtzahl. Am Freudenauer Hafen befinde sich etwa ein großes Auslieferungslager. In der KURIER-Abfrage schienen an diesem Standort 336 Räder auf. Das Lager sei aber viel größer, heißt es von Ofo.
Glaubt man den Beteuerungen der Unternehmen, zeigen also beide Apps zumindest mehr verfügbare Räder an, als letztlich ausgeliehen werden können. Ob sie auf der Straße oder in einem kleinen Lager stehen, kann nicht nachgewiesen werden. Ofo zufolge hat das in der Praxis bisher zu keinen Schwierigkeiten geführt. Das "Darstellungsproblem" werde bald behoben.
Die Daten für oBike wurden über die offizielle Programmierschnittstelle (API) abgerufen. Die oBike-API gibt lediglich Auskunft über Räder, die sich in der näheren Umgebung befinden. Daher wurde für die Analyse ein einfaches Programm verfasst, das Wien in Raster unterteilt und zahlreiche Abfragen gleichzeitig durchführt.
Die Daten enthalten sogar die ID der Räder, sodass es theoretisch möglich wäre, die Fahrt eines Nutzers zu verfolgen. Der Schweizer Tagesanzeiger nutzte diese Daten beispielsweise, um den Umsatz sowie Nutzungsstatistiken in Zürich zu erheben. In Wien wurden bei der KURIER-Abfrage, je nach Tageszeit, zwischen rund 950 und 1000 Fahrräder gezählt.
Probleme bei der Ofo-Abfrage
Ofo stellt offiziell keine freien Daten zur Verfügung, über Umwege kann man diese aber dennoch erhalten. Da bei der Abfrage keine ID des Fahrrads enthalten ist, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Fahrräder in Bewegung doppelt mitgezählt wurden.
Dieser „Rundungsfehler“ dürfte sich aber im einstelligen Bereich bewegen, da die Abfrage der Daten um drei Uhr morgens durchgeführt wurde. Bei Ofo wurden insgesamt 1384 Räder innerhalb der Wiener Stadtgrenze entdeckt, wobei sich zum Zeitpunkt der Abfrage 336 Räder im und um das Lager im siebten Bezirk befanden.
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