Tatsächlich hat der Religionsunterricht neben den allgemeinen Herausforderungen noch mit einigen speziellen zu kämpfen. Die derzeitige Pensionierungswelle trifft die Religionslehrer etwa besonders hart. Tatsächlich sind 56 Prozent der Volksschul-Religionslehrer in Wien älter als 50 Jahre, 13 Prozent sind sogar mehr als 60 Jahre alt (siehe Grafik). Die Welle werde bis 2030 nicht abebben, sagt Pinz. Und: „Die Pensionierungen können wir nicht eins zu eins abdecken.“ Und das habe mehrere Gründe.
Nachbesetzungen schwierig
Die Ausbildung wurde etwa 2013 neu geregelt. Seitdem gibt es keine eigene Religionslehrer-Ausbildung mehr, sondern nur noch die allgemeine Ausbildung mit einem Religionsschwerpunkt. Das führt dazu, dass diejenigen, die diesen Schwerpunkt absolviert haben, nicht unbedingt als Religionslehrer eingesetzt werden. Da überall Not am Mann ist, werden sie stattdessen als „normale“ Klassenlehrer beschäftigt.
Die Nachbesetzungen seien auch deswegen schwierig, sagt Pinz, weil viele junge Lehrer zu Teilzeitjobs neigen würden. Statt der üblichen Lehrverpflichtung von 22 Stunden würde viele zu sechs bis zehn Stunden tendieren. „Dieser Trend ist stark im Steigen“, sagt Pinz.
Dabei ist die Nachfrage am Religionsunterricht an Volksschulen nach wie vor hoch. Von 20.200 römisch-katholischen Schülern in Wien wollen auch 96,4 Prozent daran teilnehmen, lediglich 723 Schülerinnen und Schüler wurden davon abgemeldet.
Auch bei Eltern, die ihre Kinder nicht getauft haben, ist das Interesse an religiöser Grundbildung übrigens sehr hoch. Von den rund 17.000 Volksschülern ohne Bekenntnis sind fast ein Viertel, also rund 5.800 Schüler, für den römisch-katholischen Unterricht angemeldet.
Image der Kirche
Das schlechte Image der Pädagogikberufe führe zu einem generellen Lehrermangel. Bei den Religionslehrern komme dazu, dass „von vielen die Religionen nicht mehr als Antwortgeber auf ihre großen Lebensfragen wahrgenommen werden“, sagt Pinz.
Im Erzbischöflichen Amt versucht man nun der Entwicklung entgegenzuwirken und hat dafür mehrere Maßnahmen erdacht. So wolle man dort, wo es sinnvoll und pädagogisch vertretbar sei, größere Gruppen für den Religionsunterricht zusammenlegen. Allerdings nicht schulübergreifend, erklärt Pinz. Vielmehr könnten dann etwa Kinder der 2A und der 2B gemeinsam unterrichtet werden.
Forciert werde auch dialogisch-konfessioneller Unterricht, der von mehreren christlichen Kirchen gemeinsam gestaltet wird (beteiligt sind die katholische, die evangelische, die griechisch-orientalische, die alt-katholische Kirche und die Freikirchen). An 70 Standorten in ganz Wien gibt es solche Kooperationen bereits.
Man sei außerdem in Abstimmung mit dem Bildungsministerium, um eine eigenständige Religionslehrer-Ausbildung zu konzipieren, die mit vergleichbaren Ausbildungen gleichgestellt werden soll.
Neuer Lehrgang
Seit heuer gibt es außerdem an der kirchlich-pädagogischen Hochschule Wien/ Krems einen neuen Lehrgang für Quereinsteiger. In vier Semestern wird man berufsbegleitend zum Religionslehrer ausgebildet – Voraussetzung ist ein vorangegangener Studienabschluss.
Die wichtigste Werbung für den Beruf sei aber „attraktiver und zeitgemäßer Unterricht“, sagt Pinz. Die Kinder der Steinlechnergasse können einem solchen hoffentlich bald wieder beiwohnen. Es wurde jedenfalls wieder eine Lehrkraft für sie gefunden.
Kommentare