Lebensmittelausgaben: "Wir haben bald 1000 Freiwillige"

Grazyna, Poldi und Norbert (v. li.) helfen in der Warenausgabe.
Immer mehr Menschen brauchen Lebensmittelausgaben. Und immer mehr engagieren sich dort.

Es ist kurz vor dreiviertel elf. Während sich vor der Tür zur LeO-Ausgabestelle in der Pfarre Maria Lourdes in Wien-Meidling eine Menschentraube bildet, stehen die freiwilligen Helfer in der Ausgabestelle in Reih und Glied. Hermi und Anissa haben sich hinter der Kisten mit Kaffee und Wurst eingefunden. Norbert und Felix sind für die Ausgabe der Joghurts zuständig. Der andere Norbert und Elfi für Brot und Chips. "Jetzt ziehen sie bald ein, unsere Gladiatoren", sagt die 63-jährige Hermine Zach, die gerne "Hermi" genannt werden will. "Und das werden heute richtig viele, wenn jetzt schon so viele da stehen", sagt sie.

Seit März 2015, also seit es die Lebensmittel-Ausgabestelle des Caritas-Pojekts LeO (siehe Bericht unten) in der Pfarre Maria Lourdes gibt, hilft die 69-Jährige mit. Im Vorjahr wurde in der Pfarre einer der fünf neuen LeO-Ausgabestellen eingerichtet. Und wie in jeder Ausgabestelle – egal, ob alt oder neu – sind es vor allem Freiwillige, die sich um die Beschaffung und Verteilung der Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen beteiligen. "Wir haben bald 1000 Freiwillige beim Projekt LeO", sagt der Generalsekretär der Caritas Wien, Klaus Schwertner. Konkret sind es 950; im Vorjahr waren es noch 875.

Sinnvoll Zeit nutzen Viele der Freiwilligen, die sich in der Pfarre Maria Lourdes engagieren, haben Ende 2014 den Aufruf, dass für LeO noch freiwillige Helfer gesucht werden, im KURIER gelesen. "Ich glaube, von den 80 Freiwilligen, die sich bei uns engagieren, waren das ungefähr 50", sagt Stefan, Pastoralassistent der Pfarre, der auch die LeO-Ausgabestelle koordiniert.

Auch Hermine Zach hat auf den Aufruf im KURIER reagiert. "Ich hab’ das gelesen und mir gedacht: Mir geht es gut. Warum sollte ich nicht anderen helfen, denen es nicht so gut geht?" Also ging Hermi zu einer Info-Veranstaltung in der Pfarre, ließ sich einschulen und steht seitdem so gut wie jeden Dienstag in der Warenausgabe in Meidling.

Genauso wie Norbert. Der 61-Jährige ist selbst arbeitslos und muss im Sozialmarkt einkaufen. "In meinem Alter findet man schwer eine Arbeit", sagt er. Die Zeit, in der er nicht arbeiten kann, will er zumindest sinnvoll verbringen. "Ich komme alle 14 Tage und helfe", sagt Norbert.

Auch Oskar, "vor dem keine Kiste sicher ist", hat eine ähnliche Motivation. Als Oskar in Pension gegangen ist, haben er und seine Frau sich entschieden, etwas Gemeinnütziges zu tun. Oskar ist bei LeO in Meidling für die Logistik zuständig. Er räumt Kisten ein und schafft leere wieder hinaus, damit diese nicht im Weg stehen. "Wir machen hier sozusagen ein full service", sagt Oskar.

Es muss schnell gehen

Und das stimmt. Waltraud und Eveline schmieren belegte Brote und kochen Tee und Kaffee für "ihre Gäste", wie sie die Klienten in der Lebensmittelausgabe nennen. Elfriede ist für die Nummern-Ausgabe zuständig und Lisbeth hilft beim Einpacken der Ware. "Es muss schnell gehen", sagt sie. Denn binnen 90 Minuten werden in Meidling mehr als 100 Klienten mit Lebensmitteln versorgt.

"Für uns ist das eine große Hilfe", sagt Kundin Angelina. Sie und ihr Mann haben drei Kinder. Aber beide sind arbeitslos und leben von der Mindestsicherung. Mit den Produkten, die sie bei LeO erhalten, kommen sie zwei Tage lang aus. "Es sind viele und echt gute Sachen dabei", sagt Angelina.

Eineinhalb Stunden dauert die Lebensmittelausgabe. "Danach bin ich richtig müde", sagt Helferin Hermi. "Aber auch glücklich."

2009 hat die Caritas Wien das Projekt LeO (Lebensmittel und Orientierung) ins Leben gerufen. In 15 Lebensmittelausgaben in Pfarren in Wien und Umgebung können sich armutsbetroffene Menschen um 3,50 Euro mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs eindecken. Im Vorjahr wurden so 14.500 Menschen unterstützt und die Lebensmittel, die verteilt wurden, vor der Mülltonne bewahrt: Denn bei den Produkten, die bei LeO verteilt werden, handelt es sich um Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum zwar schon erreicht oder überschritten ist, die also nicht mehr für den Verkauf geeignet, aber noch genießbar sind. In einer Serie hat der KURIER Menschen, die auf LeO angewiesen sind, vorgestellt und jene, die sich freiwillig engagieren, vor den Vorhang geholt.

Wer spenden will: Tee und Kaffee werden immer gebraucht. Dringend benötigt wird ein neuer LeO-Bus, mit dem die Lebensmittel aus den Supermarkt-Lagern abgeholt werden können.

Spendenkonto: IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000. Kennwort: KURIER hilft Leo.

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