Figl mit 86,1 Prozent zum ÖVP-Landesparteiobmann gewählt

LANDESPARTEITAG ÖVP WIEN: FIGL
Markus Figl gab sich am Samstag beim Wiener Landesparteitag angriffig, reformbereit und auch selbstironisch.

Markus Figl tritt auf die Bühne. Der als gediegen und besonnen geltende Politiker hängt sein Sakko über eines der Baustellengeräte, die in der Expedithalle in Wien-Favoriten aufgestellt sind. 

Beim Landesparteitag der Wiener ÖVP soll Figl nicht nur offiziell zum Parteichef gewählt werden, sondern auch ein „Spatenstich für die Zukunft“ gesetzt werden. Zwar will man mit der aufgebauten Baustelle auf die angespannte Weltenlage referenzieren, dass die eigene Partei zuletzt ebenfalls einer Baustelle glich, ist aber kaum zu leugnen. Bei der Wienwahl  im April hat sich die  ÖVP halbiert und ist sogar knapp unter zehn Prozent gefallen.  

Figl ist nun der Mann, der seine Partei aus der Krise holen soll. „Bub, was hast du da angestellt?“, habe sein Vater gesagt, als er ihm davon erzählt habe. 

Andere aus der Partei hätten ihn gefragt, ob man „gratulieren oder kondolieren“ soll. Ein anekdotischer Einstieg in eine – für Figl-Verhältnisse fast als Brandrede zu betitelnde – Ansprache.

"Leistung, Familie, Eigentum" im Fokus

Der ÖVP Politiker bleibt trotz der hemdsärmeligeren Worte als für ihn üblich gediegen, sachlich, wortgewandt – mit dem Sakko hat er  nicht seine ganze Persönlichkeit abgelegt. Inhaltlich bleibt Figl auf der  bekannten Themenklaviatur: „Eigenverantwortung, Leistungsgerechtigkeit, Solidarität im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe, Eigentum und Familie.“

Angriffig gibt er sich gegenüber der Wiener Stadtregierung und der anderen Oppositionsparteien.  Die Budgetsanierung von SPÖ-Neos sei  etwa „überfallsartig, chaotisch und planlos.“ 

In der Opposition gebe es dafür Parteien, die „Wutbürger befördern“ oder andere, die „Klimafatalismus“ betreiben würden. Er hingegen wolle seine Partei  so aufstellen, dass sie Menschen „Hoffnung, Zuversicht und Mut gibt“.

Figl räumte aber auch der Selbstreflexion einen großen Platz ein:  Als Zehn-Prozent-Partei brauche man keine sechs Stellvertreter. Zukünftig gibt es darum nur noch drei. Er ließ dabei auch anklingen, dass der Umstrukturierungsprozess, es wurde auch das Präsidium verschlankt,  im Vorfeld  für Widerstände gesorgt habe:  „Es ist nicht einfach, Menschen anzurufen und zu sagen: Wir brauchen eine Veränderung und es trifft dich“, sagte Figl. „Aber es ist nicht meine Aufgabe, Spitzenpolitiker glücklich zu machen“. Dafür brandet Jubel auf. 

Der Großteil der Delegierten lässt sich überzeugen: Figl wird  mit 86,1  Prozent gewählt, seine Stellvertreter Elisabeth Olischar mit 84,7 Prozent, Daniel Resch mit 85,8 Prozent und Johanna Zinkl mit 88,3 Prozent.

Nach einem schreienden Wahlkampf im Frühjahr  muss man auch an diesem Samstag nicht gänzlich auf  ungewöhnliche Momente verzichten. So wird als erster Ehrengast  Bob der Baumeister begrüßt, ein Mann im Kostüm der Kunstfigur. Dieser soll aber weder Wien noch die Partei umbauen  – sondern für die Kinderbetreuung sorgen. 

Erste Wortspende von Walter Ruck

Auch auffallend: Die ersten politischen Worte des Abends gehören, und damit sogar  noch vor der Anfangsrede von Bundeskanzler Christian Stocker,  auch einem Baumeister: dem mächtigen Wiener Wirtschaftskammer-Präsidenten Walter Ruck. Da er im Ausland weilt, hat er eine Videobotschaft geschickt, in der er Figl als verlässlichen und starken Obmann lobt. 

Ruck hat im Frühjahr als Befürworter von Daniel Resch als Parteichef gegolten. Das Video ist also ein Zeichen dafür, dass wieder versucht wird, die zerstrittene Partei zu einen. Und die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt: Ohne Rucks Zustimmung geht nicht viel.

LANDESPARTEITAG ÖVP WIEN: FIGL

Der ÖVP-Landesparteitag ist gut besucht. 

Ein Mann, der hingegen für seine Konsensfähigkeit bekannt ist, eben Kanzler Stocker, geht in seiner Rede eingangs auf die schwierigen Rahmenbedingungen in der Welt ein. Er bedankt sich zudem, unter anderem namentlich bei Seniorenvertreterin Ingrid Korosec, für die Solidarität bezüglich der Pensionserhöhung unter der Inflationsrate, sagte aber dazu, dass das „kein Modell für die Zukunft“ sei. 

Für Stocker ist Figl der richtige Mann, um in Wien wieder einen Aufschwung für die ÖVP bringen, in einer Stadt, in der „Leistung mehr als Sozialleistung ist“.  Ob er recht behält, wird sich zeigen. 

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