Kritik an der "Dritte Mann Tour": "Unverantwortliches Wirtschaften"

Durch die Kanalisation der Bundeshauptstadt wandeln die Besucher auf den Spuren des berühmten Filmklassikers „Der Dritte Mann“.
Neos bemängeln hohes Minus. SPÖ kontert: Führung sei pädagogische Maßnahme.

Ist der Besuch der Kanalisation eine wichtige pädagogische Maßnahme für die Wiener? Und wenn ja, was darf diese kosten? Darüber scheiden sich die Geister: Die Wiener Neos kritisieren die Kosten für die "Dritte Mann Tour": So schrieb diese im Jahr 2014 ein Minus von 92.551,84 Euro. Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) heißt es, man könne die Kritik nicht nachvollziehen: "Das ist eine wichtige pädagogische Maßnahme, dazu stehen wir."

Die Tour selbst stelle man keineswegs infrage, betont Elisabeth Pichler, Fachreferentin für Kultur der Neos. "Wir kritisieren aber, dass zwischen 2012 und 2014 jährlich im Schnitt 790.000 Euro für Werbung ausgegeben wurde. Auch das Minus aus dem Jahr 2014 ist zu hinterfragen, wenn die Auslastung der Tour von 40 Prozent im Jahr 2007 auf 87 Prozent im Jahr 2014 stieg. Hier wird unverantwortlich gewirtschaftet."

Das Argument, die Führung diene der Volksbildung der Wiener, ist für Pichler zudem nicht schlüssig, denn: "Die Tour soll zunehmend als touristische Attraktion etabliert werden, nur rund 44 Prozent der Besucher sind Wiener." Der Vorschlag der Neos: "Künftig könnte die Führung durch die Kanalisation in Zusammenarbeit mit einem professionellen privaten Anbieter profitabler geführt werden."

Auch im Bericht vom Stadtrechnungshof Wien heißt es, die "Dritte Mann Tour" sei eine "Maßnahme zur Steigerung des Bewusstseins der Wiener Bevölkerung für die Bedeutung der Kanalisation", die sich "großer Beliebtheit" erfreue. Dennoch empfiehlt er Verbesserungen: etwa eine Erweiterung der Öffnungszeiten, eine bessere Beschilderung in der Karlsplatzpassage, eine bessere Beschallung während der Führung sowie die Möglichkeit, die Tickets mit Bankomat- oder Kreditkarte zu bezahlen.

Begeisterung

Bei einem Lokalaugenschein zeigt sich, dass man noch nicht mit Bankomat bezahlen kann und die Ausschilderung in der Karlsplatzpassage tatsächlich verbessert werden könnte. Die beiden Mitarbeiter, die durch die Kanalisation führen, geben sich jedoch Mühe, ihr Publikum zu begeistern – und es gelingt ihnen auch.

Neben Infos über den gleichnamigen Film erfährt man etwa, dass das Wiener Kanalnetz 2400 Kilometer lang ist – was der Distanz zwischen Wien und Kairo entspricht. Mehr als 300 Kanalarbeiter sind rund um die Uhr im Einsatz. Ebenso schildern sie, wie das Wasser gereinigt wird und was man keinesfalls im Klo hinunterspülen sollte.

Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima, SPÖ, weist man die Kritik der Neos jedenfalls entschieden zurück. Man wolle die Besucher informieren und sensibilisieren: "Sie sehen, was die Arbeiter täglich leisten", erklärt eine Sprecherin. "Und Sie lernen, was man nicht ins Klo leeren darf: etwa Katzenstreu oder Altöl, weil das klumpt. Wenn die Menschen das vor Ort von den Arbeitern selbst hören, bewirkt das weit mehr, als wie wenn sie es irgendwo lesen." Den Empfehlungen des Stadtrechnungshofs werde man aber selbstverständlich nachkommen.

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