"Kopfgeldjäger": Ministerin pfeift die Polizei zurück

"Kopfgeldjäger": Ministerin pfeift die Polizei zurück
Sieben Anzeigen pro Monat – diese Vorgabe eines Kommandanten gilt nicht mehr. Mikl-Leitner verlangt Klarstellung zu Strafmandate-Quoten bei Wiener Polizei.

Seine Beamten haben zumindest sieben Strafanzeigen pro Monat zu legen. Diese Vorgabe des Stadtpolizeikommandanten aus Floridsdorf hat unter Wiener Autofahrern und den Autofahrerklubs für heftige Aufregung gesorgt. Sofort war von einer „Kopfgeldjagd“ die Rede. Doch seit gestern, Dienstag, gilt der Befehl nicht mehr. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner pfiff ihre Beamten mit der Bemerkung, „das ist ein inakzeptabler Auftrag“, zurück.

Wegen dieses Marschbefehls an die Polizisten in Wien-Floridsdorf ist seit Tagen Feuer am Dach. Noch vergangene Woche versuchte die Wiener Polizeispitze in dieser Affäre zu kalmieren. Es sei bei der Dienstanweisung niemals um Inkasso, sondern um Maßnahmen zur Anhebung der Verkehrssicherheit gegangen, wurde aus der Polizeizentrale verlautbart.

Doch der rote Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger sorgte am Dienstag in einem Radio-Interview für weiteren Zündstoff. „Diese Anordnungen haben ihre Basis sowohl in der Politik, wo es Befindlichkeiten zu befriedigen gibt, und es gibt Anordnungen aus den jeweiligen Kommanden, wo Führungspersönlichkeiten in vorauseilendem Gehorsam glauben, tätig werden zu müssen.“

Krisensitzung

"Kopfgeldjäger": Ministerin pfeift die Polizei zurück
Also ein politisch angeordnetes Inkasso von Bund oder Stadt? Die so angesprochenen Politiker wiesen die Erklärungen des Polizeigewerkschafters heftig zurück. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verlangte sofort die Klarstellung, dass es sich hier um einen „inakzeptablen Auftrag“ handle und „die Anweisung sofort zu revidieren“ sei. Aus dem Büro des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl kam ebenso umgehend ein Dementi. Einen derartigen Auftrag aus dem Rathaus gebe es nicht. Zudem sei für die Polizei der Bund zuständig.

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl fackelte dann nicht lange und rief sämtliche Stadtpolizeikommandanten Wiens zu sich. Dabei stellte er klar, dass es den Auftrag gibt, mehr Polizisten zur Verkehrsüberwachung auf die Straße zu bringen. Ein Inkasso-Befehl sei damit aber nicht gemeint (siehe Interview unten).
Obwohl damit der Anzeigen-Erlass vom Tisch war, ging die Diskussion innerhalb der Polizei munter weiter. Denn Gewerkschafter Greylinger missfallen jetzt auch andere Tätigkeiten der Polizei, wie die Kontrollen der Hundebesitzer, der Fiaker und von Baustellen.

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl zur Inkasso-Affäre.

KURIER: Welche Vorgaben gibt es seitens der Politik?

Gerhard Pürstl:Es gibt seitens der Politik keine Anweisung. Die Politik erwartet sich nur Sicherheit und einen flüssigen Straßenverkehr.

Aber es gibt ja Anweisungen an die Beamten vor Ort?

Von uns gibt es nur die Anweisung, konsequent gegen bestimmte Delikte vorzugehen. Das sind etwa die Plateauversteller, die Kreuzungen blockieren. Auch Raser am Schulweg und natürlich alle Rotlichtvergehen.

Bedeutet das nicht auch eine erhöhte Zahl von Anzeigen?

Die verkehrspolitischen Ziele können nur durch Schwerpunktaktionen, nicht aber durch eine verordnete Mindestzahl von Anzeigen erreicht werden. Anzeigen sind dabei als Nebenprodukt zu betrachten.

Wie kam es dann zur Aussage des Stadtpolizeikommandanten in Floridsdorf?

Er wählte eine flapsige Formulierung, nachdem er feststellen musste, dass trotz einer verordneten Schwerpunktaktion die Zahl der Anzeigen nicht gestiegen ist. Er schloss daraus, dass die Schwerpunktaktion nicht konsequent umgesetzt wird.

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