Zeit zum Durchatmen: Neue Konzert-Reihe für Mütter in Wien
Elternratgeber und Babyvorbereitungskurse versprechen werdenden Eltern, ihnen möglichst genau die Realität mit einem Neugeborenen nahezulegen. Dass die Praxis allerdings meist anders aussieht und für viele zur psychischen Herausforderung werden kann, weiß auch Musikerin Kathi Kallauch.
"Der Verlust meiner Freiheit und Selbstbestimmtheit als Mutter war neu für mich. Als Künstlerin hatte ich sehr viel davon - und plötzlich kaum noch Zeit für mich", sagt Kallauch gegenüber dem KURIER. Aus einem eigenen Bedürfnis heraus hat sie nun eine Frauenkonzertreihe in Wien unter dem Titel "Mama braucht Musik" gestartet, bei der Künstlerinnen samstagnachmittags um 15 Uhr auftreten sollen. Die Auftaktveranstaltung fand am 15. November im Café Casper statt.
Mit dem neuen Format möchte die Künstlerin insbesondere Müttern wieder die Teilhabe am kulturellen Leben ermöglichen – und das, bevor die Kinder ins Bett müssen.
Erschöpfte Wochenendabende für Mütter
"Wir sitzen an den Wochenendabenden alle daheim bei unseren Kindern und sind sehr müde und erschöpft", erzählt Kallauch. Viele Frauen würden jahrelang nicht mehr auf Konzerte gehen, weil es mit Kindern oft nicht möglich sei. Ihre persönlichen Erfahrungen als Mama hat sie auch in ihrem neuen Song "Mein System gehackt" verarbeitet. Der Titel klingt technisch, trägt allerdings eine tiefgründige Metapher in sich. "Ich fühle mich einfach so, als ob mein komplettes Nervensystem übernommen wurde", beschreibt Kallauch.
Die Sängerin kenne zwar viele Lieder, die sich der überwältigenden Liebe zu Kindern widmen, jedoch kaum welche, die auch die Schattenseiten der Mutterschaft beleuchten. Zahlreiche Studien zeigen ebenfalls, dass viele Frauen nach der Geburt mit Erschöpfung, Überforderung und fehlendem emotionalem Rückhalt zu kämpfen haben. Dennoch würden potenzielle psychische Folgen für Frauen weiterhin unzureichend ernst genommen werden.
Ungleiche Verteilung zwischen Müttern und Vätern
Dies bestätigt auch die aktuelle Studie "Love and Loneliness" aus Deutschland, für die im September 1.000 Frauen befragt wurden: Zwei Drittel der Frauen fühlen sich demnach nach der Geburt einsam. 68 Prozent gaben an, erschöpft zu sein, 54 Prozent fühlen sich durch die Mental Load belastet. Ähnliche Ergebnisse zur psychischen Gesundheit von Jungmüttern lieferte auch das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA:): Bis zu jede fünfte Mutter leidet während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt unter psychischen Problemen wie Depressionen oder Angststörungen.
Die psychische Herausforderung der Elternschaft birgt aber auch langfristige Folgen, wie eine weitere Untersuchung mit Daten aus Österreich und Dänemark belegt. Neun Jahre nach der Geburt des ersten Kindes werden Frauen aufgrund ihrer Elternrolle mehr als doppelt so häufig wegen Depressionen behandelt wie Männer. Die Forscher bezeichnen diesen Effekt als "Parenthood Penalty in Mental Health" – die psychische Elternstrafe.
Laut Forschern gebe es in Österreich bisher weder eine nationale Strategie noch ein Versorgungsmodell für peripartale psychische Gesundheit.
Wo bleibt der Spaß für Mütter?
Doch nicht nur hier gibt es Aufholbedarf – auch mangelt es an Möglichkeiten für Mütter, wo sie ausgelassen sein und sich auch mal aus ihrer Mutterrolle emanzipieren können. "Es gibt diverse Angebote, zu denen Mütter mit ihren Kindern kommen können, oder die erst für Mütter älterer Kinder umsetzbar sind, wie beispielsweise die Clubbingreihe 'Mama geht tanzen', aber wenig, wo es einfach nur um das Vergnügen und die Entspannung von Kleinkindmamas geht", sagt Kallauch.
Mit ihrer neuen Konzertreihe will sie diese kaum beachtete Lücke ein wenig füllen und Mütter ermutigen, mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. Für 2026 plant sie regelmäßige Konzerte in Wien und Tirol - mit weiblichen Stimmen. Wie sie selbst den beruflichen Wiedereinstieg nach der Babypause geschafft hat? "Nur mit einem Partner, der seine Verantwortung als Vater sehr ernst nimmt und geteilte Care-Arbeit konsequent lebt", so die Musikerin.
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