Kometgründe in Wien-Meidling: Kampf gegen Hochhaus verloren
Bereits eine halbe Stunde vor Beginn warten dutzende Menschen am Dienstagabend vor dem Amtsgebäude in Meidling. „Eine Sauerei“ sei das Projekt, sagt einer der Wartenden. Viel zu hoch sei der geplante Turm auf den Kometgründen, außerdem brauche der Bezirk kein fünftes Einkaufszentrum.
Insgesamt sollten an diesem Abend rund 200 Menschen zu der Info-Veranstaltung zu einem der umstrittensten Bauprojekte Wiens kommen. Trotz 16 Jahren Protests wird das Hochhaus auf den Kometgründen bei der U4-Station Meidlinger Hauptstraße nun gebaut (der KURIER berichtete).
In den vier Gebäudeteilen des „Vio Plaza“ entstehen auf 20.000 Quadratmetern rund 200 Wohnungen, 30 Geschäfte, Büros und etwa 450 Stellplätze für Autos.
Viele Fragen sind jedoch für die Anrainer noch offen, was den enormen Andrang bei der Info-Veranstaltung erklärt: Der Raum ist bis auf den letzten Platz voll. Mehr als 50 Personen müssen im Vorraum eine Stunde warten, dann wird die Veranstaltung wiederholt.
Die Vorgeschichte: Begonnen hat die Diskussion um das Areal bereits im Jahr 2004. Davor stand auf dem Grundstück das Möbelhaus Komet, daher auch der Name. Im Jahr 2004 wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den Peter Podsedensek gewann. Der Architekt plante einen Turm mit Wohnungen, Büros und Geschäften – ursprünglich sollte der Bau 120 Meter hoch werden.
Verärgerte Bürger
Daraufhin bildete sich die Bürgerinitiative Kometgründe. Ihre Kritik: Das neue Gebäude sorge für mehr Verkehr, Lärm und Abgase. Auch die Unesco kritisierte damals die Höhe des Turmes. Die Begründung: Die Sichtachse vom Schloss Schönbrunn auf die Stadt werde gestört. Nach zahlreichen Verhandlungen genehmigte die Stadt einen nur 60 Meter hohen Turm.
Der Bürgerinitiative reicht das nicht. Ihre Forderungen nach mehr Grünflächen und den Verzicht auf das Einkaufszentrum wurde nicht erfüllt. „Jetzt können wir nichts mehr tun“, sagt Rene Kuppe von der Bürgerinitiative. „Man ist frustriert und enttäuscht von einer Politik, die sich nicht für die Bürger und deren Gesundheit interessiert, sondern nur für frei werdende Grundstücke.“
Diesen Ärger teilen viele der Besucher der Info-Veranstaltung. Die Stimmung im Saal ist sehr aufgeheizt: „Skandal, ein Desaster von Anfang an“, lauten empörte Zwischenrufe.
Andere wollen sich einfach informieren: Kommt man weiterhin zur U4 Station? Wo finden die Ladetätigkeiten der Geschäfte zukünftig statt? Wer wird dann in meinen Balkon sehen können? Viele der Fragen können Bezirksvorsteher Wilfried Zankl (SPÖ) und Architekt Podsedensek nicht beantworten – was die Stimmung im Publikum weiter verschlechtert.
Ungeklärte Vorwürfe
Keine klaren Antworten gibt es auch auf die alten Vorwürfe der Bürgerinitiative, dass mit der Umwidmung der Liegenschaften durch die Investoren reichlich Gewinn gemacht wurde. Auf die Frage von Kuppe an Podsedensek, wie hoch dieser sei, sagt dieser, er sei nur der Architekt, das wisse er nicht. Aber laut Kuppe wird Podsedensek als wirtschaftlicher Eigentümer im Firmenbuch-Auszug angeführt.
Zur Erklärung: Ursprünglich sei die Liegenschaft nicht für ein Hochhaus gewidmet gewesen, sondern für ein niedriges, mehrstöckiges Haus, sagt der Vertreter der Bürgerinitiative. Projektbetreiber hätten nach und nach mehrere Liegenschaften (mit niedriger Bauklasse) von der Firma Komet abgekauft. Die sollen erst danach umgewidmet worden sein, wodurch sich der Wert des Areals deutlich erhöhte.
Nach den ewigen Querelen soll es nun jedenfalls sehr schnell gehen: 2023 soll das Projekt abgeschlossen sein.
2004 – Wettbewerb
Ein Architekturwettbewerb für das Areal wird ausgeschrieben, den der Architekt Peter Podsedensek gewinnt
2004 – Protest
Als die Pläne bekannt werden, formiert sich die Bürgerinitiative Kometgründe
2006 – UNESCO-Kritik
Die UNESCO kritisiert die Höhe des Turms. Die Sichtachse vom Schloss Schönbrunn werde gestört
2008 – Umwidmung
Die Bebauung des Geländes wird beschlossen. Die Fläche wird umgewidmet
2020 – Baustart
Im Jänner fahren die Bagger auf. Der Baustart erfolgt. Die Real-Treuhand (Tochtergesellschaft der Raiffeisenbank OÖ) erwirbt die Liegenschaft samt der HPD Holding
2023 – Fertigstellung
Die Fertigstellung des Projekts „Vio Plaza“ ist bis Ende 2023 geplant
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