Kinderärzte proben den Aufstand gegen Peter Hacker
Über zu wenig Kundschaft müssen sich die beiden Kinderärzte Daniela Kasparek und Michael Sprung-Markes, die eine kindermedizinische Gruppenpraxis in Ottakring betreiben, nicht beschweren. 150 bis 300 junge Patienten versorgen die Kassenmediziner jeden Tag.
Mehr geht nicht: „Jeden Tag müssen wir bis zu 20 Eltern abweisen, die auf der Suche nach einem neuen Kassen-Kinderarzt sind, weil ihr bisheriger in Pension gegangen ist“, erzählt Sprung-Markes.
Allein dieses Beispiel zeige, wie angespannt die kindermedizinische Versorgungslage in Wien inzwischen sei. Trotz wachsender Bevölkerungszahl seien derzeit rund ein Dutzend Kassenstellen unbesetzt. „Viele Kindermediziner ziehen es vor, als Wahlarzt zu arbeiten“, sagt Sprung-Markes.
Abhilfe schaffen könnten sogenannte Primärversorgungseinheiten (PVE), wie es sie in der Allgemeinmedizin schon gibt. Also Zusammenschlüsse von mindestens drei Ärzten und anderen Fachkräften wie Physio- oder Psychotherapeuten. Der Vorteil für die Patienten: Umfassende medizinische Versorgung aus einer Hand und lange Öffnungszeiten.
Über die genaue Ausgestaltung dieser Kinder-PVE tobt, wie berichtet, ein heftiger Streit zwischen den Beteiligten. Weil es oft schwer ist, drei Ärzte zu finden, die sich zu einer derartigen
Einheit zusammenschließen wollen, schlägt die Ärztekammer eine abgespeckte Variante vor: Statt drei würden dabei zwei Ärzte genügen, die Mindestöffnungszeit würde von 50 auf 30 Stunden pro Woche sinken.
An sich müsste die ÖGK dieses Modell genehmigen. Indirekt hat aber auch die Stadt Wien ein gewichtiges Wort mitzureden. Und zwar in Form von Förderungen, die die Stadt ausbezahlt. Sie überweist 132.000 Euro pro Jahr an jede PVE.
Die von der Kammer vorgeschlagenen Schmalspur-Kinder-PVE will sie jedoch, wie berichtet, nicht fördern. Zu gering sei der Benefit vor allem angesichts der deutlich verkürzen Öffnungszeiten, hieß es im Juli.
„Vor den Kopf gestoßen“
Das ruft nun wiederum die Kinderärzte auf den Plan. In einem offenen Brief, den 41 Kollegen unterzeichnet haben, richten sie sich direkt an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Man sei entsetzt, dass die Stadt Kinder-PVE, die nicht mindestens 50 Stunden offen haben, als nicht notwendig erachte und sich daran nicht finanziell beteiligen möchte, heißt es darin. Es sei „originell, dass man die verbleibenden Kinderärzte, die im Rahmen einer weiteren Kraftanstrengung bereit sind, die Versorgung deutlich auszubauen, dermaßen vor den Kopf stößt“.
Das lässt Hacker nicht auf sich sitzen: Zwar teile auch er die Einschätzung, dass es eine Unterversorgung an Kassen-Kinderärzten gebe. „Doch die Unterzeichner des Briefs sind falsch informiert: Ihr Vertragspartner ist nicht die Stadt Wien, sondern die ÖGK“, sagt er zum KURIER.
„Und es liegt am Fördernehmer, ob er die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt. Diese sehen nun einmal vor, dass eine PVE mindestens 50 Stunden und auch am Wochenende offen hat.“ Niemand würde verstehen, so der Stadtrat, „wenn PVE, in denen zwei Ärzte nur 30 Stunden pro Woche ordinieren, neben den Kassenhonoraren zusätzlich auch noch Steuergeld bekommen“.
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