Ärzte und Rathaus streiten über Kindermedizin

Seit vielen Jahren ist die kindermedizinische Versorgung in Wien ein Sorgenkind. Aktuell sind laut Ärztekammer 14 Kassenstellen in Wien unbesetzt. Besonders in den stark wachsenden Bezirken wie etwa der Donaustadt ist das Angebot sehr ausgedünnt.
Eine Entspannung ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht. Dafür sorgt schon das endlose Hickhack zwischen den Beteiligten – also Politik, Kammer und Kassen.
Deutlich wird das aktuell angesichts des Gezerres um neue kindermedizinische Organisationsformen: Nach Vorbild der sogenannten allgemeinmedizinischen Primärversorgungseinheiten (PVE) sollen nun auch solche mit Kinderärzten entstehen. Zur Erklärung: In PVE arbeiten drei Allgemeinmediziner in einem Netzwerk oder unter einem Dach zusammen.
Unterstützt werden sie durch nicht-ärztliche Fachkräfte wie Krankenschwestern, Physio- oder Psychotherapeuten. Die Vorteile für die Patienten: eine multidisziplinäre Versorgung aus einer Hand und großzügige Öffnungszeiten.
Pilotversuch
Nun soll dieses Modell auf die Kindermedizin übertragen werden. Zunächst in Form von Pilotversuchen in Wien, doch schon dabei spießt es sich gewaltig.
Konkret geht es um die Frage, wie viele Ärzte eine Kinder-PVE umfassen und wie die Öffnungszeiten gestaltet werden sollen.
Zu einer allgemeinmedizinischen PVE gehören mindestens drei Ärzte. Das Zentrum hat mindestens 50 Stunden pro Woche offenzuhalten. „Unter diesen Rahmenbedingungen ist es aber schwer, Ärzte zu finden, die zusammenarbeiten möchten“, sagt Erik Huber, der neue Obmann der Niedergelassenen Ärzte in der Wiener Ärztekammer.

Erik Huber, Ärztekammer
Um die Einstiegshürden zu senken, schlägt die Ärztekammer ein zusätzliches Modell vor, das sie „Kinder-PVE 2+“ nennt. Dafür würden nur zwei Ärzte genügen, die 30 Stunden (45 Stunden inklusive Kontaktzeit) offen haben. „Damit wollen wir einen Soft-Einstieg in die PVE schaffen. Es wird Ärzteteams geben, die in diesem Modell bleiben, andere werden vielleicht nach der Startphase noch einen dritten Arzt dazunehmen“, sagt Huber. Auf diese Weise könnte man unterm Strich mehr Ärzte ins Kassensystem bringen.
Kritik an Hacker
Doch die Stadt, empört sich der Ärztevertreter, würde dieses Modell blockieren: „Sie hat uns ausrichten lassen, dass es auf Anweisung von Stadtrat Peter Hacker künftig zu keiner verbesserten Versorgung in der Kinder- und Jugendheilkunde kommen wird, solange die Einheiten weniger als 50 Stunden leisten.“ Hacker würde hier „wenig Weitsichtigkeit zeigen“, sagt Huber.
Im Büro Hacker ist man über diese Vorwürfe überrascht. Wie PVE gestaltet werden, sei schließlich rein eine Angelegenheit zwischen Ärztekammer und ÖGK.
Warum die Stadt trotzdem involviert ist, hat mit möglichen Zuschüssen zu tun, die sie für die einzelnen PVE-Standorte lockermachen kann. Laut Hacker-Sprecher würde dies aber nur Sinn ergeben, wenn alle Voraussetzungen für ein klassisches PVE erfüllt seien. Bei einem Zusammenschluss von nur zwei Ärzten mit derart kurzen Öffnungszeiten sehe man aber keinen Mehrwert.
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