Wiener Juwelier ermordet: "Pfiati Berti" - Nachbarn nehmen Abschied
War es ein Raubmord oder steckt ein völlig anderes Motiv hinter dem Mord an Berthold S.? Diese Frage stellen sich seit Mittwochabend die Kriminalisten der Wiener Polizei. Passanten hatten das 74-jährige Opfer gegen 16 Uhr im Eingang seines Juweliergeschäfts in der Landstraßer Hauptstraße liegen sehen. Er war blutüberströmt.
Die Täter sollen ihn durch einen Kopfschuss getötet haben. Außerdem wurde ihm mehrmals in die Kehle gestochen. Wiederbelebungsmaßnahmen der Wiener Berufsrettung konnten Berthold S. nicht mehr helfen.
Tat blieb unbemerkt
Am Tag nach der Tat haben Freunde und Nachbarn des Opfers schon Kerzen vor dem Geschäft aufgestellt. "Pfiati Berti" und "RIP Alter Freund" steht auf Zetteln geschrieben.
Der 74 Jahre alte Juwelier wird als freundlicher Nachbar beschrieben, man kennt ihn im Grätzel. Ein Mann erzählt dem KURIER, dass er und seine Frau sich immer gewundert hätten, wovon der Juwelier eigentlich lebt, denn Kunden hätte man in dem Geschäft sehr selten gesehen. Da zeigen auch die Bilanzen des Unternehmens. Pro Jahr machte es Umsätze, die lediglich im fünfstelligen Bereich lagen. Der Beruf hätte ihm aber einfach viel Freude gemacht, sagen Bekannte des Juweliers, weswegen er auch nicht in Pension gegangen war.
Freunde des Toten haben Kerzen und kurze Botschaften an Bertold S. vor dem Tatort aufgestellt
Das Geschäft wurde videoüberwacht
In der Auslage fehlt kein Schmuck
Der Anblick des Opfers muss für die Zeugen schockierend gewesen sein. In der Buchhandlung neben dem Juweliergeschäft erzählt ein Mitarbeiter, dass eine Zeugin völlig aufgelöst in das Geschäft gekommen sei.
"Sie musste auf die Polizeibefragung warten und wollte einfach nur weg von dort", sagt der Buchhändler. Obwohl der Shop direkt neben dem Tatort liegt, hat man dort nichts mitbekommen. Ebenso wie in den vielen anderen Geschäften rund um den Juwelier. Das ist verwunderlich, weil Berthold S. erschossen worden sein soll, ein Schuss war aber nicht zu hören.
Am Donnerstagvormittag war die Tatortgruppe schon früh am Werken. Im Eingangsbereich waren noch deutlich Blutspuren zu erkennen. Vermutlich wurde der Juwelier aber gar nicht dort getötet, sondern hatte sich nach der Tat im Inneren des Geschäfts noch in den Eingangsbereich geschleppt, um Hilfe zu holen.
Frage nach Motiv
Offen bleit die Frage nach dem Motiv. Die Wiener Polizei hat die Tat vorerst als Raubmord eingestuft. In der Auslagenscheibe des Geschäfts fehlt allerdings nichts, obwohl man dort unkompliziert hinein greifen hätte können. Die Polizei konnte vorerst auch noch nicht sagen, ob Schmuck oder Gold gestohlen wurde.
Auffällig ist, dass man den Innenraum des Geschäfts nur betreten konnte, wenn man eine Glocke läutete. Ein solches Sicherheitssystem haben viele Juweliere. Daher ist davon auszugehen, dass der Juwelier vielleicht glaubte, die Täter wären Kunden, oder er die Männer vielleicht sogar gekannt hatte.
Wie genau sich die Tat abgespielt hat, dürfte jedenfalls bald feststehen, denn Berthold S. hatte Überwachungskameras angebracht.
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