Das Landesgericht, auch als „Landl“ oder „Graues Haus“ bezeichnet, ist in die Jahre gekommen. Das historische Gebäude ist seit 1839 in Betrieb (siehe Zusatzgeschichte). Die Zeichen der Zeit sind zumindest von innen sichtbar. Desolate Sanitärräume, alte Leitungen, fehlende Klimaanlagen – und hin und wieder Kakerlaken.
„Abgewohnt“, nennt das Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber charmant. Nicht besser bestellt ist es um die Justizanstalt, in der sich bis zu zehn Häftlinge eine Zelle teilen. Künftig soll es maximal Viererzellen geben.
„Im Landesgericht finden in 30 Sälen täglich rund 60 Verhandlungen statt. Wir sind an der Belastungsgrenze. In der Justizanstalt, es ist die größte Österreichs, leben und arbeiten täglich 1.600 Personen auf engstem Raum. Das Gebäude erfüllt längst nicht mehr die gesetzlichen Vorgaben“, sagt Justizministerin Alma Zadic (Grüne).
Eine Sanierung und sogar ein Neubau standen seit Jahren im Raum. Bisher ist das an der Finanzierung gescheitert. Das Wort „Freudentag“ fällt bei der Präsentation der Sanierung am Donnerstag daher mehrmals.
Ein anderes Wort findet Wolfgang Gleissner, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), der die Häuser gehören: „Spannend“ sei das Projekt. Mit vielen Unbekannten. Fest steht, dass der Große Schwurgerichtssaal und die Fassade erhalten bleiben müssen. Es sei mit 105.000 Quadratmetern eines der größten Projekte der BIG. „Im Vergleich: Das sind 15 Bundesgymnasien“, so Gleissner. „Wir haben hier 4.000 Türen zu 4.000 Räumen und 3.029 Fenster.“
Der Gerichtsbetrieb soll während der Arbeiten voll weitergeführt werden – dazu wird auch jenes Gebäude genutzt, in dem das Arbeits- und Sozialgericht untergebracht war. Die Sanierung der Justizanstalt wird eine besondere Herausforderung. Die Insassen müssen während der Zeit in andere Anstalten ausgelagert werden. Aktuell zählt man 1.102 Häftlinge – zugelassen ist sie eigentlich für 960.
Geschichte: Die Nazis ermordeten im Gericht 1.210 Menschen
Es waren schlimme Zeiten. Verbreitete Armut, hohe Kriminalität. Diese Faktoren waren schließlich der Auslöser für den Bau des Landesgerichts für Strafsachen in Wien samt der angeschlossenen Justizanstalt in der Josefstadt. 1831 wurde mit dem Bau begonnen, 1839 wurde das „Kriminalgericht“ fertiggestellt.
Architekt war Johannes Fischer. Er nahm Festungsbauten aus der Toskana als Vorbild und setzte das Gebäude damals mitten auf die grüne Wiese.
Einer der ersten Angeklagten war übrigens der Bauführer und Dachdecker – er hatte falsche Rechnungen vorgelegt.
Die Anklage und das Urteil lagen bis 1850 in den Händen der Richter – Staatsanwälte gab es erst danach. Auch öffentliche Verfahren wurden erst nach 1850 eingeführt.
Schon bald kam man mit dem Platz nicht mehr aus. 1874 wurde der Schwurgerichtssaal errichtet. 1905 wurde das Gebäude aufgestockt. Die letzte Sanierung fand in den Jahren 1980 bis 1996 statt.
Eine besonders düstere Zeit erlebte das Haus während der NS-Zeit. In einem eigenen Hinrichtungsraum im Erdgeschoß wurden 1.210 Menschen – darunter Widerstandskämpfer – mit der Guillotine hingerichtet. Der Raum wird heute als Gedenkraum verwendet. Die originalen Fliesen sowie ein Abfluss für das Blut sind noch zu sehen. Die Namen der Opfer zeigt eine Gedenktafel.
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