Zahl der Schwarzfahrer auf Rekordtief
Karl und Christoph kennen alle Ausreden. „Wenn wir die aufzählen, werden wir heute nicht mehr fertig“, sagt Karl und lacht. Drei Klassiker wollen die beiden „Schwarzkappler“ aber doch erwähnen, mit Tieren und Kindern soll dabei die Milde des Kontrolleurs geweckt werden:
„Eine klassische Ausrede ist, der Hund habe die Karte gefressen“, sagt Christoph. Oder: „Die Kinder haben damit gespielt, jetzt ist sie auf einmal weg.“ Viele setzen auf den Überraschungseffekt: „Die sagen, sie seien gerade erst eingestiegen, können aber nicht die Station benennen, bei der sie gerade eingestiegen sind“, sagt Karl.
Undercover
Seit drei Jahren sind Christoph und Karl als Fahrscheinkontrolleure der Wiener Linien unterwegs. Die Nachnamen und ihre Gesichter müssen anonym bleiben, sie sollen weiterhin unerkannt Schwarzfahrer jagen. Wer erwischt wird, muss 100 Euro zahlen. 80 Prozent der Erwischten zahlen gleich, beim Rest muss man anderes vorgehen. „Es gibt Tage, da muss drei Mal die Polizei anrücken, weil sich der Betreffende nicht ausweisen will oder kann“, sagt Christoph. Und: „Handeln gibt’s bei uns nicht, wir haben Fixpreise.“
Das schreckt ab. Im Vergleich zu 2011 wurden 2012 trotz verstärkter Kontrollen weniger Schwarzfahrer erwischt. 6,82 Millionen Fahrgäste wurden kontrolliert, knapp 183.000 hatten keine gültige Karte. Die Schwarzfahrerquote sank damit auf 2,69 Prozent – historischer Tiefststand. Ein Grund dafür dürfte die abschreckende Wirkung der dichten Kontrollen sein. „Die Fahrscheinkontrollen wurden in den letzten Jahren kontinuierlich ausgeweitet“, sagt Wiener Linien-Sprecher Answer Lang. Waren lange Zeit nur 70 Kontrolleure beschäftigt, sind es derzeit 350.
Ein zweiter, viel wesentlicherer Grund dürfte die Verbilligung der Jahreskarte sein. Auch „Schwarzkappler“ Karl und Christoph bestätigen den Anstieg an Jahreskarten. Vor allem Monats- und Wochenkartenbesitzer seien umgestiegen. Es gebe auch kaum mehr junge Fahrgäste ohne Ticket. Im EU-Vergleich hat Wien eine der niedrigsten Schwarzfahrerquoten. So weisen etwa Hamburg (3,5 Prozent), Paris (5 Prozent) und Berlin (5,2 Prozent) höhere Werte auf.
„Ein einfaches Rechenbeispiel“, sagt Karl. „Früher hast du im Jahr sechs Mal von uns erwischt werden dürfen, damit du unter dem Jahreskartenpreis liegst – Heutzutage sind es nur noch drei Mal.“
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