Jäger: Bambimörder oder Schutzpatron des Wildes?

Forst- und Landwirtschaft seien untrennbar mit der Jagd verknüpft, sagt Felix Montecuccoli (Symbolfoto)
Experten sorgen sich um das Image der Jagd in der Öffentlichkeit.

Als am Donnerstagabend im Wiener Stephansdom die 16. Jägermesse stattfand, demonstrierten vor der Kirche jugendliche Tierschützer mit großen Transparenten gegen Gatterjagden. Dass ihre Leidenschaft in Österreich nicht immer hohes Ansehen genießt, ist den Jägern bewusst – „Gatterjagden werden medial an den Pranger gestellt, oder es wird über Wilderer oder Aufsehen erregende Jagdunfälle berichtet“, beklagt etwa Leo Nagy, Präsident des Grünen Kreuzes. Zwar gebe es in der Jägerschaft vereinzelt schwarze Schafe, die die Branche bzw. das Freizeitvergnügen Tausender Österreicher in Verruf brächten. Den Hauptgrund für die Imageprobleme der Jagd ortet Nagy aber im „hohen Grad an Naturentfremdung der Stadtbevölkerung“.

Dabei leisten die 123.000 Jagdkarten-Inhaber in den 12.200 heimischen Revieren einen wichtigen Beitrag für Gesellschaft und Naturschutz, betont Felix Montecuccoli, Präsident der Land- und Forstbetriebe Österreich. Zum einen reduzieren sie Wildschäden, zum anderen liefern sie mit dem Wildbret qualitativ hochwertiges Fleisch aus (mehr oder weniger) freier Wildbahn.

Zudem sei es ein Trugschluss, zu glauben, die Jagd würde dem Wildbestand schaden, erklärt Universitätsprofessor Klaus Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Boku Wien.

So verbot etwa das Land Vorarlberg in den 1970ern die Jagd auf Auerhähne, weil man die Art schützen wollte. Mit dem Ergebnis, dass deren Population dramatisch gesunken ist. Die Grundeigentümer hatten nämlich keinen Grund mehr, ihre Wälder Auerhahn-freundlich zu gestalten und pflanzten mehr Bäume. Dadurch büßten die Vögel zum einen Bewegungsfreiheit ein, und zum anderen wurde ihnen ob geringeren Lichteinfalls die Futtersuche am Boden erschwert. Auflagen für die Grundbesitzer wären aber einer Enteignung gleichgekommen, sagt Hackländer.

Europameister beim Schalenwild

Würde also die Jagd abgeschafft, wäre das zum Nachteil der Tiere, erläutert der Wildbiologe. Einerseits, weil die Grundbesitzer, die Wildschäden an Wald und Feld durch Jagdeinnahmen kompensieren können, dann vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen das Wild radikal reduzieren würden. Und andererseits, weil sich der Lebensraum der Tiere zu deren Nachteil entwickeln würde.

„Ohne Jagd würde die Population anwachsen, die Ressourcen wären limitiert. Sprich: die Konkurrenz um Plätze zum Verstecken oder Futterplätze würde zunehmen; die Lebensraum-Kapazitäten würden überschritten. Dadurch würden die Tiere geschwächt und die Krankheitsanfälligkeit würde steigen.“
Bestätigt fühlen sich die Jäger etwa beim Schalenwild (Steinbock, Gams, Rot- und Rehwild, Wildschwein, aber auch Muffelwild, Sika- und Damhirsch; Anm.) – da ist Österreich punkto Vorkommen Europameister: Auf 100 Hektar kommen im Schnitt 15 Stück.

"Keine freie Wildbahn"

Dass Gatterjagden, die es im Burgenland, in Niederösterreich sowie in Salzburg noch gibt, Kritikern Angriffsflächen bieten, bestätigt Hackländer. Sie per se zu verteufeln, sei aber nicht zielführend. Denn Gatter stehen unter strenger behördlicher Kontrolle. Sie müssen mindestens 115 Hektar groß sein und sowohl punkto Ausstattung als auch Populationsdichte dem natürlichen Lebensraum einer Art entsprechen.

Der Wildbiologe sieht auch Vorteile: Zum einen schützen die Zäune umliegende Ökosysteme vor Wildschäden. Zum anderen gehe es den in Gattern lebenden Tieren bis zum Abschuss besser als außerhalb – „keine Jagd, keine Traktoren, keine Mountainbiker, kein Unfallrisiko auf der Straße“.

Allerdings stelle sich die Frage, „ob man das ,Jagd’ nennen sollte“, meint der Boku-Professor. Sei in Paragraf 1 des Jagdrechts doch von Fang und Erlegen des Wilds „in freier Wildbahn“ die Rede. „Und Gatter sind eigentlich keine freie Wildbahn.“

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