"Das Grätzel aus dem toten Eck geholt"

Renate Brauner startet eine Förderung für neue Erdgeschoßlokale.
Wirtschaftsstadträtin Brauner über ihre neue Erdgeschoßoffensive, Bürokratie und Sonntagsöffnung.

Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SP) will leer stehende Geschäftslokale beleben. Dabei greift sie zur Methode Zuckerbrot und Peitsche. Wer leere Lokale belebt, bekommt eine Förderung, wer sie leer stehen lässt, soll Strafe zahlen.

KURIER: Frau Brauner, Sie bekamen zuletzt am SPÖ-Landesparteitag nur 80 Prozent Zustimmung. Honoriert die Partei Ihre Arbeit zu wenig?

Renate Brauner: Die Erklärung ist relativ einfach. Wir leben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, es wird enger. Als Finanzstadträtin kann man in Zeiten, wo gespart werden muss, keinen Beliebtheitswettbewerb gewinnen. Das liegt auf der Hand.

Die Wiener Politik wurde zuletzt vom Hickhack zwischen Rot und Grün überschattet. Würden Sie noch einmal mit den Grünen koalieren?

Wie auch unser Bürgermeister gesagt hat, wird es am Ende einer Koalition immer holprig. Das war auch unter Rot-Schwarz so. Man soll aber nicht übersehen, dass 90 Prozent dessen, was wir uns vorgenommen haben, erfolgreich abgearbeitet ist. Rot-Grün ist also eine Option. Unsere Lieblingsoption ist aber bekannt: Ein Ergebnis, das garantiert, dass man gegen die SPÖ nicht regieren kann.

Zur Sachpolitik. In vielen Straßen, wie etwa der Hernalser Hauptstraße oder der Favoritenstraße, gibt es leer stehende Geschäftslokale. Was wollen Sie dagegen unternehmen?

Wir haben bereits eine Vielzahl an Fördermaßnahmen gesetzt. Etwa die Geschäftsstraßenförderung, die jetzt auch Grätzel umfasst. Ein Paradebeispiel dafür ist die Reindorfgasse im 15. Bezirk, wo ein gesamtes Grätzel aus einer toten Ecke geholt wurde. Da gibt es vom Kaffeehaus über Start-ups bis hin zu Architekten eine große Vielfalt.

Trotzdem fällt es vielen Jungunternehmern schwer, geeignete Geschäftslokale zu finden.

Oft scheitert es an den Kosten, um ein Geschäft herzurichten. Deshalb werde ich eine Revitalisierungsoffensive starten.

Wie sieht die konkret aus?

Kleine und mittlere Unternehmen, die in ein länger als ein Jahr leer stehendes Lokal ziehen, bekommen 50 Prozent Zuschuss für die Umbaukosten bis zu 15.000 Euro.

Betrifft diese Förderung spezielle Straßen oder Grätzel?

Nein, es gibt sie quer durch die ganze Stadt, quer durch alle Branchen. Am liebsten sind uns Neugründungen und Start-ups, aber auch Ansiedlungen von auswärts.

Wie viel Budget haben Sie dafür?

Wir haben 300.000 Euro für das laufende Jahr zur Verfügung. Im Sommer wollen wir damit starten.

Viele Lokale stehen zwar leer, werden aber nicht vermietet, weil sie zu teuer sind.

Daher halte ich eine Leerstandsabgabe für sinnvoll. Nicht, weil wir damit Geld einnehmen wollen, sondern um einen sanften Druck auf Vermieter auszuüben.

Kann Wien eine Leerstandsabgabe ohne Bund beschließen?

Das schauen wir uns gerade an, weshalb es auch leider noch ein wenig dauert.

Unternehmensgründer sehen sich mit einer Vielzahl an Auflagen konfrontiert. Wie wollen Sie das Gründen erleichtern?

Wir sind in allen Bereichen dabei, zu vereinfachen. Unsere Leute sind mittlerweile mit dem Laptop unterwegs. Erst im Dezember haben wir vier neue Zentren eröffnet, in denen Betriebsanlagen einfacher genehmigt werden können. Und wir arbeiten gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer an Verbesserungen wie dem Online-Einreichchecker. Ich glaube daher, dass wir bereits deutlich besser sind als unser Ruf.

Zur Sonntagsöffnung: Die Gewerkschaft ist dagegen, die Wirtschaftskammer dafür. Eine unüberwindbare Pattstellung?

Ich höre von der Kammer immer, sie hätten gerne die Sonntagsöffnung. Aber sie tun nichts. Gerade beim Song Contest hätte man darüber reden können. Weder auf die Gewerkschaft noch auf uns ist jemand zugekommen. Da hat die Kammer ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

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