Intensivmediziner: "Sind aus zweiter Welle nie wirklich herausgekommen"

Intensivmediziner: "Sind aus zweiter Welle nie wirklich herausgekommen"
Eine Öffnung ist für den Leiter der Covid-Intensivstation am Wiener AKH in Wien aktuell nicht denkbar.

Die Regierung hat die Corona-Maßnahmen im Osten des Landes noch einmal bis 18. April verlängert, denn dort sind die Zahlen auf Intensivstationen dramatisch hoch.

In ganz Österreich liegen mittlerweile 581 Menschen wegen einer Corona-Infektion auf der Intensivstation. Der bisherige Höchststand wurde am 25. November 2020 erreicht, mit 709 Intensiv-Patienten befand sich Österreich damals bereits im zweiten harten Lockdown. Die meisten Intensivpatienten gibt es mit 221 aktuell in Wien. 

Erste Öffnungen im Mai? 

Gleichzeitig wurde aber bei der Regierungspressekonferenz angekündigt, dass es im Mai erste Öffnungsschritte geben könnte. Dazu wurde eine Öffnungs-Kommission eingesetzt, die Lockerungen prüfen und Details in rund zwei Wochen bekanntgeben soll. 

Für den Leiter der Covid-Intensivstation am Wiener AKH, Thomas Staudinger, ist an ein Aufsperren im Osten überhaupt noch nicht zu denken. „Aus meiner Sicht ist es begrüßenswert, dass in Wien eine Öffnung voraussichtlich nicht zur Diskussion steht. Wir müssen erstmal schauen, dass wir aus der Situation raus kommen", sagt Staudinger im Ö1-Morgenjournal. "Maßnahmen brauchen mindestens zwei Wochen und meistens noch länger, um auf den Intensivstationen einen Effekt zu zeigen."

"Intensivmedizin seit Herbst nicht entlastet"

"Wir sind ja aus der sogenannten zweiten Welle nie wirklich rausgekommen. Zumindest nicht in Ostösterreich. Es war seit Herbst nie so, dass die Intensivmedizin wirklich entlastet war. Und auf diesem relativ hohen Niveau haben wir jetzt die zusätzlichen Patienten auf den Stationen und das macht es jetzt so prekär", schildert der Intensivmediziner die Situation. 

Mit den voran schreitenden Impfungen verschiebe sich das Alter der Patienten auf den Intensivstationen zunehmend weiter nach unten. Die Patienten auf den Intensivstationen seien mittlerweile zwischen 30 und 60 Jahre alt. "Wir sehen relativ wenig Patienten, die über 75 sind - anders als bei der ersten und zweiten Welle", so Staudinger. 

"Natürlich wird das durch die Impfungen besser werden, aber bis die Altersgrenze zwischen 30 und 50 durchgeimpft ist, das wird noch dauern. Ich bin dennoch der Überzeugung, dass die Impfungen uns aus dieser Situation herausbringen werden", sagt der Mediziner gegenüber Ö1. 

"Akut-lebensbedrohliche" OPs werden nicht verschoben 

Besonders in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland ist die Situation aktuell kritisch. "Die Situation im Westen ist mit jener im Osten nicht vergleichbar", sagt Staudinger. Die Befürchtung bestehe natürlich, dass sich die Situation auch im Westen noch drehen könne. „Das spürt man natürlich. Die Wahrscheinlichkeit ist auch nicht so gering. Wir hoffen natürlich nicht, dass es so ist." 

Bei "akut-lebensbedrohlichen" Operationen gebe es derzeit keine Verschiebungen. "Wo es Engpässe gibt und die Gesundheitsversorgung nicht ganz so wie normal funktioniert, sind die nicht ganz so akuten oder verschiebbaren Operationen", so der Intensivmediziner. 

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