"In Krisenzeiten gewinnst du nicht mit ‚Bio macht schön‘"

"In Krisenzeiten gewinnst du nicht mit ‚Bio macht schön‘"
Joachim Kovacs will neuer grüner Landessprecher werden. Im Gespräch verrät er warum.

KURIER: Die Grünen haben bei den letzten beiden Wiener Wahlen verloren. Warum?

Joachim Kovacs: Gute Frage. Man darf nicht vergessen, dass die Grünen in den letzten Jahren viele Wahlen gewonnen haben. Man muss aber auch klar sagen, dass in den nächsten Jahren die Arbeitslosigkeit, steigende Armut und die Flüchtlinge eine entscheidende Rolle spielen werden. Da entscheiden die Menschen am Wahltag, wer die besten Antworten dafür hat.

Haben die Grünen die besten Antworten?

Die Antworten haben wir, wir müssen sie nur in die Auslage stellen. Du gewinnst in Krisenzeiten keine Wahlen mit "Bio macht schön". Ein Arbeiter verdient 800 Euro im Monat, der kann sich kein Bio leisten.

Haben die Grünen zu viel Klientel-Politik gemacht?

Wir haben fünf Jahre in unserem Ressort eine super Arbeit gemacht. Man hat 2012 und 2013 nur noch über Verkehr gesprochen. Mir ist die Armutsbekämpfung ein zentrales Anliegen. Da müssen wir wissen, dass Wahlen kein Songcontest sind, wo du acht Punkte für die leiwande Fußgängerzone bekommst. Wenn du dir die Wohnung nicht mehr leisten kannst und als Obdachloser in der Fußgängerzone landest, was hast du davon?

Was muss sich ändern?

Wir müssen Menschen erreichen, die wir bis jetzt nicht erreicht haben. Wir müssen in Betriebe, in die Außenbezirke und auch in die Gemeindebauten. Den die SPÖ läuft da in Richtung der FPÖ aus.

Ist das realistisch, als Grüne im Gemeindebau viele Stimmen zu bekommen?

Kurzfristig nein, aber man macht Politik nicht für die nächste Wahl. Man macht Politik um nachhaltig etwas zu ändern, zu verbessern. Nur weil ich vielleicht in fünf Jahren noch keine spürbaren Erfolge habe, soll ich es nicht versuchen? Wir brauchen mal einen Fuß in der Tür. Es gibt ja auch genug Nichtwähler, die es zu gewinnen gilt.

Sie wollen Landessprecher werden. Was sind ihre Stärken?

Ich glaube, dass ich etwas bewegen kann. Ich sehe mich nicht als Parteirebell, wie manche schreiben, sondern als Motor zur Veränderung. Die Bezirksorganisation Ottakring ist eine der am besten wachsende. Man muss die Leute auch wieder für Politik begeistern. Da muss ich auf die Straße, und darf keine Berührungsängste haben. Egal ob Kellnerin, Tischler oder Uniprofessorin.

Sollen die Grünen bei ihren Themen breiter werden?

Definitiv. Wir müssen Soziales, Arbeit, Beschäftigung in den Vordergrund stellen, egal welches Ressort wir in Zukunft haben. Natürlich müssen die Grünen auch darauf besinnen, den Filz in der Stadtverwaltung aufzubrechen. Es kann nicht sein, dass bei Wahlkampfständen der SPÖ zwei Leute von der Gewista, zwei von der Baupolizei und eine von der Volkshochschule stehen.

Welches Ressort sollen die Grünen übernehmen, Verkehr & Planung?

Wir sollten auf jeden Fall zwei Stadtrat-Ressorts einfordern. Und ganz allgemein gilt: Bessere rotgrüne Zusammenarbeit in allen Ressorts und allen Bezirken. Denn wenn dies nicht gelingt, profitieren am Ende die anderen.

Welche Ressorts wären das?

Mir würde "Verkehr und Umwelt" und "Bildung und Integration" gefallen. Ich glaube aber, dass wir in jedem Ressort etwas bewirken können.

Sind Posten in der Wien-Holding oder anderen stadtnahen Betrieben wichtig?

Es ist wichtig, die besten Köpfe zu bekommen. Ich bin dagegen, das man nach Parteibuch besetzt. Egal ob bei Schulen, beim KAV oder in der Holding. Das muss aufhören.

Soll Grün um jeden Preis in die Regierung gehen?

Um jeden Preis würden wir es sowieso nicht machen. Aber wenn man sieht, was sich die SPÖ im Bund immer von der ÖVP abknöpfen lasst, ist vieles drin.

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