In der Wiener Ärztekammer bleibt kein Stein auf dem anderen
Spricht man mit Teilnehmern der außerordentlichen Vollversammlung der Wiener Ärztekammer, die am Mittwoch über die Bühne ging, hört man etwas Überraschung heraus: Ungewöhnlich ruhig und unspektakulär sei die abendliche Sitzung verlaufen.
Dabei war der Anlass der Sitzung eine Causa, die die Standesvertretung seit Monaten in Atem hält: Die zahlreichen Ungereimtheiten rund um die kammereigene Handelsfirma Equip4Ordi hatten nicht nur zu Entlassungen von Kammer-Mitarbeitern und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geführt, sondern auch zu schwersten Grabenkämpfen innerhalb der Kammer.
Skandal oder Intrige?
Zentraler Streitpunkt dabei: Inwieweit ist Kammerpräsident Johannes Steinhart als seinerzeitiger Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte für die Missstände mitverantwortlich? Oder wurde die Causa von Steinhart-Gegnern bloß instrumentalisiert, um ihn zu stürzen?
Dass der Konflikt am Mittwoch nicht ein weiteres Mal eskalierte, hat möglicherweise auch damit zu tun, dass ausgerechnet Steinhart, der an diesem Abend Rede und Antwort stehen hätte sollen, nicht anwesend war. Er hat sich wie berichtet aufgrund einer anstehenden Herzoperation vorübergehend von seinem Amt zurückgezogen. Seine Geschäfte übernimmt sein Vizepräsident Stefan Ferenci.
Was nicht ohne einer gewissen Pikanterie ist: Denn Ferenci wird vom Steinhart-Lager zu jenen Funktionären gezählt, die den Präsidenten absägen wollten. Was dieser naturgemäß dementiert.
Das Umfeld Steinharts dementiert wiederum, dass dessen vorläufiger Rückzug im Zusammenhang mit der Causa Equip4Ordi steht. Er werde zwar aufgrund der nötigen Reha wohl drei Monate ausfallen, wolle dann aber wieder an die Spitze der Kammer zurückkehren, wird versichert. Nachsatz: Natürlich hätten ihn die jüngsten Angriffe auf seine Person massiv belastet.
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Unabhängig von Steinharts krankheitsbedingtem Ausfall ist derzeit geradezu eine Kaskade an personellen Neu- und Umbesetzungen an zentralen Stellen der Wiener Kammer in Gange. Einige hängen direkt mit der Finanzaffäre zusammen, andere dürften von ihr zumindest beschleunigt worden sein.
Vizepräsident Huber bleibt doch länger
Da wäre allen voran Erik Randall Huber, Vizepräsident und aktueller Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte. In dieser Funktion hat er die Ungereimtheiten rund um die Equip4Ordi, die organisatorisch zur Kurie gehört, aufgedeckt. Im Zuge dessen geriet er mit seinem Parteikollegen Steinhart in Konflikt, den er öffentlich mangelhafte Kooperation bei der Aufklärung vorwarf. Das Steinhart-Lager konterte mit dem (letztlich gescheiterten) Versuch, Huber als Kurienobmann abzusetzen. Schon im Vorfeld der dafür nötigen Abstimmung hatte Huber angekündigt, sich von seiner Position zu Sommerbeginn zurückzuziehen.
Nun könnte er doch noch etwas länger im Amt bleiben. Die interne Aufarbeitung der Causa Equip4Ordi (es geht vor allem um Schadenersatz-Fragen) dauere länger als geplant, ist zu vernehmen. Huber wolle sie abschließen, damit sein Nachfolger unbelastet in sein Amt starten könne, heißt es in seinem Umfeld. Sicher werde sich Huber aber noch vor Ende der Amtszeit 2027 zurückziehen. Als seine Nachfolgerin wird seine Stellvertreterin Naghme Kamaleyan-Schmied gehandelt. Sie gilt als Steinhart-Vertraute und gehört wie Huber dessen Partei „Vereinigung“ an.
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Neues Management
Fix ist hingegen eine personelle Umstellung an einer weiteren Schlüsselstelle in der Kammer. Der langjährige Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber bekommt mit Melody Buchegger-Golabi eine zweite Kammeramtsdirektorin an die Seite gestellt, die einen Teil seiner Aufgaben übernimmt: Die Führung des Kammeramts inklusive Personalverantwortung. Holzgruber behält als Aufgaben die Vertretung der Kammer gegenüber Politik und Systempartner sowie Lobbying und Beratung.
Wie einvernehmlich diese Entscheidung gefallen ist, ist umstritten. Dem Vernehmen nach sei sie nicht im Sinne Steinharts, er habe sich aber im Präsidium der Stimme enthalten, wodurch der Beschluss einstimmig erfolgte. Ein direkter Zusammenhang mit der Causa Equip4Ordi bestehe jedenfalls nicht, wird betont.
Schwarzes Urgestein geht aus Protest
Ein Polit-Urgestein zieht sich indes aus seinen Funktionen in der Steinhart-Partei Vereinigung zurück, um seinen Unmut über die jüngsten Entwicklungen zum Ausdruck zu bringen: Erwin Rasinger, langjähriger ÖVP-Gesundheitssprecher und enger Steinhart-Vertrauter legt sein Amt als Generalsekretär der Vereinigung zurück, wie er gegenüber dem KURIER bestätigt. „Ich will damit ein Signal setzen, dass es so nicht weitergeht.“
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