"In Bewegung bleiben, sonst erfrierst du"
Jack trägt zwei Hosen, ein T-Shirt und zwei Pullover. Darüber eine Jacke und eine Haube auf dem Kopf. Der 47-Jährige steht Dienstagabend gemeinsam mit 15 anderen im Windfang des ehemaligen Publizistik-Instituts in der Schopenhauerstraße in Wien-Währing. Es ist kurz nach 17.45 Uhr. Eine knappe viertel Stunde muss er noch bei minus neun Grad ausharren, dann öffnet die Notschlafstelle der Johanniter in der bisher kältesten Nacht dieses Winters ihre Pforten.
140 Betten mehr
Wegen des Kälteeinbruchs stockte der Fonds Soziales Wien am Dienstag seine Betten-Kapazität noch zusätzlich auf. Am Mittwochabend stellten das Wiener Rote Kreuz und der Arbeitersamariterbund jeweils 20 zusätzliche Plätze in den Notschlafstellen zur Verfügung. In den nächsten Tagen sollen bis zu 100 weitere Betten in ganz Wien dazukommen.
In die Notschlafstelle in der Schopenhauerstraße kommen viele Obdachlose aus dem EU-Ausland. Ungarn, Slowaken, Rumänen, auch Deutsche. Österreicher sind nur wenige darunter.
Pünktlich zur Kältewelle ist er erstmals in seinem Leben auf eine Notunterkunft angewiesen. Bei den Johannitern bekommt Jack abends eine warme Suppe und zwei Semmeln, dazu gibt es Tee oder Wasser. Weil Jack einer der ersten in der Unterkunft war, kommt er auch noch in den Genuss eines Döners: Hüseyn Tanis vom Dönerladen am Kutschkermarkt kommt fast jeden Abend vorbei und bringt etwa 15 Döner und Dürüms. "Wenn es so kalt ist, muss man helfen", sagt Tanis.
Jack verspeist seinen Döner nicht gleich nach der Suppe. "Ich muss mir das Essen einteilen", sagt er. Stattdessen trinkt er eine Tasse Tee mit mit einem Esslöffel Zucker. "Wegen der Kalorien", sagt er.
In Bewegung bleiben
Nur eine Stunde hat der 47-Jährige in der Nacht auf Mittwoch geschlafen. "Ich habe so vieles im Kopf", sagt er. Seine Frau lebe in Ungarn mit seinem Sohn Patrik, der vor zwei Wochen zur Welt kam. Jack hat ihn noch nie gesehen, weil er keine Arbeit findet und sich die Fahrt nach Ungarn nicht leisten kann. "Das ist hart", sagt er. Beim Frühstück fehlt ihm der Appetit. Stattdessen trinkt er einen Kaffee – wieder mit einem Esslöffel Zucker.
Am Nachmittag dasselbe Spiel: Spazierengehen, aufwärmen. "Du musst immer in Bewegung bleiben", sagt Jack. "Sonst erfrierst du."
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