Ein Instrument zu erlernen, gehört nach wie vor zu den beliebsteten Hobbys von Kindern und Jugendlichen. In Wien wird es allerdings immer schwieriger, einen Platz in einer öffentlichen Musikschule zu bekommen. Vor allem, wenn man ein besonders populäres Instrument wie Klavier oder Gitarre erlernen möchte, muss man lange Wartezeiten auf einen freien Platz in Kauf nehmen.
Die ÖVP hat nun eine Anfrage zum Thema an Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) geschickt. Die Beantwortung zeigt auf, wie groß die musikpädagogischen Engpässe in Wien bereits sind.
Demnach ist in den vergangenen Jahren der Anteil der Bewerber, die auch aufgenommen wurden, drastisch zurückgegangen: Im Schuljahr 2010/11 gab es noch 3.591 Erstaufnahmen bei 4.741 Anmeldungen, was einem Anteil von knapp 76 Prozent entspricht. 2019/20 lag er nur mehr bei 27,75 Prozent (11.663 Anmeldungen, 3.237 Aufnahmen). Im Jahr davor hatte der Prozentsatz mit 22,37 einen absoluten Tiefststand erreicht.
Die Statistik zeigt: Dieser Rückgang ist nicht nur dem starken Anstieg der Anmeldungen geschuldet, auch die absolute Zahl der Aufnahmen ging im vergangenen Jahrzehnt leicht aber doch zurück.
Schülerschwund
Was wohl damit zu tun hat, dass es insgesamt immer weniger Plätze an den öffentlichen Musikschulen gibt: Im Schuljahr 2010/11 wurden insgesamt noch 11.013 Kinder unterrichtet, im aktuellen Schuljahr sind es nur mehr 7.423, wie aus der Anfrage-Beantwortung hervorgeht (siehe Grafik). Ein beträchtlicher Teil des Schwunds geht auf die Singschule zurück, deren Schülerzahl seit 2008/09 von 2.954 auf 1.294 zurückgegangen ist.
„Die Zahlen sind katastrophal, vor allem für eine Kunst- und Kulturstadt wie Wien“, sagt dazu ÖVP-Stadträtin Bernadette Arnoldner.
„Es ist schon besorgniserregend, dass die Stadt Wien es geschafft hat, dass nicht einmal mehr ein Drittel der Interessenten einen Platz in einer öffentlichen Musikschule bekommt.“ Sie fordert einen Ausbau der städtischen Angebote. Ansonsten werde es bald nur noch wenigen Privilegierten möglich sein, ein Instrument zu erlernen. Konkret wünscht sich Arnoldner eine öffentliche Musikschule in jedem Bezirk. Derzeit gibt es in acht keinen Hauptstandort.
Frage des Geldes
Damit greift die ÖVP eine Neos-Forderung aus dem Wahlkampf auf. Heute sagt man im Büro Wiederkehr zu der Problematik: „Nach Maßgabe der Möglichkeiten wird kontinuierlich an einem Ausbau der Musikschul-Angebote gearbeitet. Bei jeder Angebotserweiterung muss selbstverständlich auf die budgetäre Gesamtsituation Bedacht genommen werden“, sagt ein Sprecher. „So werden bei der Entwicklung der neuen Bildungscampusprojekte auch die Musikschulen mitgedacht.“ Ein Beispiel sei der Bildungscampus Friedrich Fexer im 22. Bezirk, wo bereits eine Außenstelle der Musikschule Donaustadt untergebracht wurde.
Aber auch der Sprecher räumt beträchtliche Engpässe ein: Aktuell würden 6.100 Kinder und Jugendliche auf den Anmeldelisten der Musikschulen stehen, davon allein 1.700 für Klavierunterricht.
Kommentare