Hohe Bürokratie-Kosten für Wiens Firmen

Hohe Bürokratie-Kosten für Wiens Firmen
Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank über den Behörden-Dschungel und Konflikte mit Rot-Grün.

Die Kosten, die Unternehmen aus der Bürokratie anfallen, sind in Wien deutlich höher als im Österreich-Vergleich. Das zeigt eine ak¬tuelle Studie im Auftrag des Wirtschaftsbundes. Untersucht wurde dabei die sogenannte Informationsverpflichtung – Formalitäten also, die etwa bei Betriebsgründungen und -veränderungen oder der Abwicklung von Steuern und Gebühren nötig sind. Pro Mitarbeiter und Jahr fallen einem Wiener Betrieb dabei 1906 Euro an. Im Österreich-Schnitt sind es hingegen nur 1785 Euro (Details siehe unten). Der KURIER sprach mit Wiens Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank über die möglichen Ursachen für das schlechte Abschneiden der Bundeshauptstadt.

KURIER: Frau Jank, wie kommen die hohen Bürokratiekosten in Wien zustande?
Brigitte Jank: Nehmen wir das Beispiel Betriebsanlagen-Verfahren: Die Unternehmer erhalten meist Besuch von gleich mehreren Sachverständigen, die dann oft auch noch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Unser Vorschlag ist die Implementierung nur eines technischen Sachverständigen, der für alle notwendigen Überprüfungen zuständig ist. In den anderen Bundesländern sind die Kompetenzen weit weniger zersplittert. Das Hauptproblem ist allerdings: Je kleiner ein Unternehmen ist, desto größer die persönliche Belastung und die damit verbundenen Kosten.

Gibt es in Wien zu viele Vorschriften für die Unternehmer?
Sie sind mit 560 Landesgesetzen und Verordnungen mit rund 9000 Paragrafen konfrontiert. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Es gab seitens der Stadt bereits die Zusage, alle Landesgesetze zu durchforsten. Umgesetzt ist das noch nicht. Zudem sind die Gesetze nicht adressatenkonform formuliert und werfen mehr Fragen auf, als sie lösen.

Laut Studie wuchs gerade in Wien seit Jahres¬beginn die Unzufriedenheit mit der Bürokratie. Welche Erklärung gibt es dafür?
Für die Firmen hat es in den vergangenen Monaten zahlreiche zusätzliche Belastungen gegeben. Zum Beispiel die Parkpickerl-Ausweitung. Zum einen stehen sie vor dem Problem, ob überhaupt eine Parkkarte zu¬gesprochen wird, beziehungsweise für wie viele der Betriebsfahrzeuge. Zudem melden sich bei uns schon laufend Unternehmer, die Mitarbeiter verlieren, weil diese nicht mehr mit dem Auto zum Arbeitsplatz kommen können. Hinzu kommen die jüngsten Gebührenerhöhungen: Die zusätzliche Gesamtbelastung für die Wirtschaft liegt dadurch bei rund 100 Millionen Euro jährlich.

Ist also unter Rot-Grün das Klima für Unternehmer schlechter geworden?
Beispiel Umgestaltung Mariahilfer Straße: Hier lag ein ausverhandeltes Ergebnis im Konsens mit Bezirken und Stadt vor – etwa bei den Zufahrts- und Liefermöglichkeiten. Dieses Ergebnis wurde überraschend verworfen, nun sind die Notwendigkeiten der Betriebe nicht mehr berücksichtigt. Die Betroffenheit vor allem in den Seitengassen ist enorm.

Bekommt die traditionell starke Achse zwischen Stadtregierung und Wirtschaftskammer Risse?
Die Betriebe haben eine Reihe von Belastungen zu bewältigen, die großen Unmut ausgelöst haben. Ich sehe die Bedürfnisse der Wirtschaft noch nicht ausreichend berücksichtigt. Wirtschaftskammer und Stadt können in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit viel erreichen, um die vielfältigen Chancen noch besser zu nützen.
 

„Kostenfaktor Wiener Bürokratie“, lautet der Titel der Studie des international central european institute im Auftrag des Wiener Wirtschaftsbundes. Dabei wurden von Jänner bis Ende September insgesamt 1620 Entscheidungsverantwortliche in heimischen Betrieben befragt. Die wichtigsten Ergebnisse: Pro Mitarbeiter und Jahr fallen einem Wiener Betrieb 1906 Euro an Bürokratie-Kosten an. Im Österreich-Schnitt sind es nur 1785 Euro. Die Hauptlast in Wien tragen die kleinen Firmen: Die Betriebe mit bis zu neun Mitarbeitern, also die Mehrheit der Dienstleistungs¬unternehmen, müssen heuer 640 Millionen Euro oder 51 Prozent der Bürokratiekosten stemmen. „Die Probleme fangen damit an, dass bei Unternehmensgründungen bis zu fünf verschiedene Ressorts der Stadtregierung zuständig sind. Das zieht die Verfahren extrem in die Länge. Hier wären Zusammenlegungen nötig“, sagt Alexander Biach, Direktor des Wiener Wirtschaftsbundes.
Die ausufernde Bürokratie hemmt vor allem die Schaffung neuer Arbeitsplätze, beklagen die Unternehmer laut Studie. Würde man die Bürokratie um 25 Prozent senken, könnte dies im ersten Jahr zu rund 11.300 zusätz¬lichen Jobs in Wien führen, haben die Stu¬dienautoren errechnet.
 

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