Hauseigene Handelsfirma bringt Wiener Ärztekammer in Bedrängnis
Die Idee klingt vernünftig: Die Wiener Ärztekammer gründet eine Firma, die im Großeinkauf für den Ordinationsalltag benötigte Materialien besorgt, um sie dann kostengünstig an die niedergelassenen Ärzte weiterzugeben.
Das ist das Geschäftsmodell der 2019 gestarteten „Equip4Ordi“, die über eine zwischengeschaltete Firma der Kurie der niedergelassenen Ärzte der Wiener Kammer gehört.
Nun droht das Geschäftsabenteuer mit einem Skandal zu enden: Nachdem massive Ungereimtheiten bei Equip4Ordi bekannt wurden, hat die Kammer zwei hochrangige Mitarbeiter suspendiert, die mit dem Projekt zu tun hatten. Sie dürfen das Ärztekammer-Haus in der Weihburggasse vorerst nicht mehr betreten, berichtet dossier.at. Der Vertrag eines der Geschäftsführer der Unternehmens wird nicht verlängert. Weiters wird geprüft, ob strafrechtlich relevante Verfehlungen vorliegen.
Doch wie konnte es so weit kommen? Und was wusste die oberste Kammer-Führung von den fragwürdigen Vorgängen?
Hohe Verluste
Ins Rollen gebracht hat die Causa im Herbst Erik Huber, seit 2022 Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte. „Es hat sich herausgestellt, dass für 2022 der Verlust des Unternehmens in nur neun Monaten um 200.000 Euro höher war als für das ganze Jahr prognostiziert“, schildert er dem KURIER und wirft der Geschäftsführung vor, den Beirat beim EBIT mutmaßlich getäuscht zu haben.
Huber leitete daraufhin eine externe Prüfung ein, die zahlreiche Ungereimtheiten zutage brachte. So soll etwa eine Provisionszahlung von 560.000 Euro von Equip4Ordi an eine weitere Firma des Geschäftsführers geflossen sein, deren Zweck unklar ist. Weiters soll das Unternehmen einen Kredit an eine andere Firma vergeben haben, ohne die nötigen Genehmigungen einzuholen.
Querelen von Anfang an
Völlig aus heiterem Himmel kommen die aktuellen Querelen freilich nicht. Von Anfang an sorgte das Unternehmen mit seiner verschachtelten, sich stetig ändernden Struktur kammerintern für Diskussionen.
Der Kurie, die damals pikanterweise vom jetzigen Kammerpräsidenten Johannes Steinhart geleitet wurde, wurde intern vorgeworfen, bei Equip4Ordi nicht für die nötige Transparenz zu sorgen. Ein Funktionär richtete sogar eine offizielle Anfrage an die Aufsichtsbehörde, ob es der Kammer überhaupt erlaubt sei, ein solches Unternehmen zu betreiben.
Zumal das Konzept nicht aufging: Schon bald nach der Gründung geriet das Unternehmen derart in Schieflage, dass die Kammer nach heftigen internen Diskussionen 900.000 Euro zuschießen musste (die später zurückgezahlt wurden).
Mit der Pandemie wendete sich das Blatt: Die Firma versorgte im großen Stil niedergelassene Ärzte, aber auch die Gemeindespitäler mit Schutzmaterial. Allerdings geriet sie auch dabei ins Zwielicht: Laut Medien wurden zunächst nicht zugelassene Masken an Ärzten verkauft.
Mit dem Ende der Pandemie ging es auch wirtschaftlich wieder bergab. Huber spricht von einem fehlenden Businessmodel. Den Managern sei es aber gelungen, den wirtschaftlich wenig geschulten Ärztevertretern eine heile Welt vorzugaukeln, heißt es aus Kammerkreisen.
Rolle Steinharts
Viele fragen sich aber, ob nicht wenigstens Kammerpräsident Steinhart in seiner damaligen Funktion längst über die fragwürdigen Vorgänge im Unternehmen Bescheid hätte wissen müssen. Steinhart weist das gegenüber dem KURIER zurück: „Wir wurden möglicherweise getäuscht oder nicht ausreichend informiert.“ Den Vorwurf mangelnder Transparenz weist er zurück.
Seitens Equip4Ordi gab es am Mittwoch keine Stellungnahme. Inzwischen läuft die Prüfung des Unternehmens weiter. Wie es mit ihm weitergeht, ist noch offen. Huber wie Steinhart betonen, dass der Kammer kein finanzieller Schaden entstanden sei. Eine Lehre habe man bereits gezogen: Künftig werden in den Beiräten von Unternehmen der Ärztekammer nicht nur Ärzte, sondern auch Wirtschaftsprüfer sitzen.
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