Vorwürfe gegen Atib: Wurden Spenden für Prostituierte ausgegeben?

Wie werden Spenden verwendet, die in einer Moschee gesammelt werden? Der aktuelle Fall wirft diese Frage auf (Symbolbid).
Es sind heftige Vorwürfe, die in türkischen und nun in österreichischen Medien kursieren: Die Atib („Türkisch-islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit“) soll Gelder, die für den guten Zweck bestimmt waren, genutzt haben, um in Wien vier Prostituierte zu einer alkoholgeschwängerten Feier zu bestellen.
Aufgebracht wurde der Fall von den regierungskritischen Medien Sözcü und Birgün, zugetragen haben soll er sich im Jahr 2019. In der Türkei sei bereits vor fünf Jahren berichtet worden, erklärt Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik in Wien, im Gespräch mit dem KURIER. Dadurch, dass türkische Medien wieder auf das Thema aufsprangen, habe der Fall vor allem in sozialen Medien erneut Wellen geschlagen.
Am Montag reagierte die Atib mit einem schriftlichen Statement, in dem sie betonte, „unbegründete Behauptungen und Verleumdungen“ klar zurückzuweisen. Man betrachte es als „böswillige Vorgehensweise“, dass die Gerüchte nun nach einigen Jahren erneut aufgegriffen wurden. Man werde sich mit allen rechtlichen Mitteln wehren.
Das Problem der Transparenz
„Ob tatsächlich Geld für derartige Dinge ausgegeben wurde, wissen wir natürlich nicht“, betont Aslan. Sehr wohl weise der Fall aber auf ein allgemeines Problem hin, nämlich auf die Frage: Wer kontrolliert, was mit Spendengeldern passiert, die hier eingenommen werden?
Die Rolle der Atib
Zur Einordnung: Die Atib ist in Österreich durchaus ein bedeutender Faktor, sie betreibt 63 Moscheevereine und vertritt geschätzt mehr als 100.000 Muslime. Neben der Islamischen Föderation ist sie eine der größten und einflussreichsten Organisationen innerhalb der Dachorganisation IGGÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich). Zudem gilt die Atib als verlängerter Arm der AKP-Partei von Recep Tayyip Erdoğan; unter anderem wurde der Atib bereits Bespitzelung von in Österreich lebenden Türken vorgeworfen.
Die Spendengelder, um die es im besagten Fall gehen soll, dürften etwa im Rahmen von Freitagsgebeten in Atib-Moscheen in Wien gesammelt worden sein – vorgeblich freilich für einen guten Zweck.
Kein Gehalt aus der Türkei
In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik, dass etwa die Ausbildungen oder die Gehälter von Imamen in Österreich aus dem Ausland finanziert werden. Seit 2015 etwa ist es laut Islamgesetz nicht erlaubt, dass Imame, die in Österreich predigen, ihr Gehalt aus der Türkei beziehen.
„Im aktuellen Fall sprechen wir beim Geld aber nicht von einem Import-, sondern von einem Export-Problem“, sagt Aslan. Soll heißen: Wenn islamische Vereine in Österreich vorgeben, Geld für Hilfsprojekte zu sammeln, werde nicht kontrolliert, wo diese Gelder tatsächlich landen. Ob es etwa mutmaßlich für Prostituierte ausgegeben wird. „Es kann auch sein, dass das Geld an Terrororganisationen wie die Hamas fließt“, gibt Aslan zu bedenken.
In dem Zusammenhang solle man zudem die Rolle der Glaubensgemeinschaft thematisieren, fügt Aslan hinzu: „Warum kommt sie ihren Pflichten nicht nach? Weshalb werden für Kontrollaufgaben Inspektoren aus dem Ausland entsandt, anstatt dass die Glaubensgemeinschaft diese Verantwortung selbst übernimmt?“
"Spendengelder wichtige soziale Funktion"
Auf eine entsprechende Nachfrage informiert die IGGÖ, dass man verpflichtet sei, auf „geordnete und transparente Mittelverwendung hinzuwirken“. Dieser Verantwortung komme man durch klare Satzungsvorgaben, Richtlinien und Schulungen nach. Dabei sei zu betonen, dass jede rechtlich eigenständige Organisation innerhalb der IGGÖ über eigene Kontrollorgane wie Rechnungsprüfer verfüge.
„Spendengelder erfüllen eine wichtige religiöse und soziale Funktion. Entsprechend wird großer Wert auf einen sorgsamen und zweckgebundenen Umgang gelegt“, so die IGGÖ. Bei Beschwerden prüfe man sorgfältig. Teils seien die personellen und finanziellen Ressourcen aber knapp – „eine nachhaltige Stärkung von Transparenz erfordert daher auch eine entsprechende strukturelle Ausstattung“, so die IGGÖ.
Aus dem Integrationsministerium von Claudia Plakolm (ÖVP) heißt es, man habe eine Stellungnahme von Atib zu den Vorwürfen eingefordert. Ebenfalls, aber seit längerer Zeit und unabhängig von den Vorwürfen, läuft eine standardmäßige Prüfung wegen möglicher verbotener Auslandsfinanzierung.