Als ein Hapag-Lloyd-Airbus in Wien ohne Sprit notlanden musste

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Ein österreichischer Pilot flog den Airbus trotz ausgefahrenen Fahrwerks so lange, bis der Sprit ausging. Er landete im Segelflug in Wien-Schwechat.

Es war einerseits eine fliegerische Meisterleistung und gleichzeitig völlig vermeidbar und irrwitzig. Am 12. Juli 2000 landete ein Airbus der deutschen Hapag-Lloyd mit 151 Insassen und ohne einen Tropfen Treibstoff in der Wiese neben der Landebahn in Wien-Schwechat. Dabei knickte ein Fahrwerk um und der Flieger wurde schwerstens beschädigt. Es gab lediglich 26 Leichtverletzte, weil viele nur mit Sandalen oder Flip-Flops die Notrutsche benutzen konnte.

Die Probleme von Flug 3378 begannen schon kurz nach dem Start im griechischen Kreta, als sich das Fahrwerk nicht mehr einfahren ließ. Fliegerisch wäre das prinzipiell kein großes Problem, für die Insassen wird es nur lauter und der Spritverbrauch steigt enorm - in diesem Fall um rund 60 Prozent. Das normale Procedere wäre, den nächsten Flughafen anzusteuern und eine Reparatur durchzuführen. Die Passagiere müssten dann mit einer anderen Maschine nach Hannover gebracht werden. 

Das wollte der Pilot offenbar vermeiden. Auch die vom 25-jährigen Co-Piloten eingeforderten Ausweichlandungen in Zagreb oder Graz lehnte der Kapitän - ein 55-jähriger Österreicher - ab. Er wollte unbedingt München erreichen, wo die Ersatzteile günstiger waren und die Passagiere nicht mehr so weit reisen mussten. Der Pilot verwirft mehrfach die fachlich richtigen Hinweise seines Ersten Offiziers, sogar als dieser aus dem Handbuch zitiert.

Erste Warnung des Airbus über Ungarn 

Doch schließlich gingen die ersten Warnmeldungen ein und der Pilot entschloss sich doch, auf Wien-Schwechat zuzusteuen. Rund zwanzig Kilometer vor der Landung war das Kerosin komplett aus und der Airbus wurde zum 150 Tonnen schweren Segelflugzeug. Auch die meisten Bildschirme mit den Fluganzeigen setzten aus. 

660 Meter vor der Landepiste setzte der Airbus kurz nach 13.30 Uhr auf und schlitterte direkt auf die neben dem Rollfeld wartenden Helfer zu. Diese mussten rückwärts Gas gegeben, um dem dahinrodelnden Jet zu entkommen. Immerhin stehen zwölf verschiedene Feuerwehren aus der Umgebung und sogar der Katastrophenzug der Wiener Rettung bereit. Am Ende steht der Airbus im rechten Winkel zur Landebahn.

Der Hapag-Lloyd-Jet war jedenfalls ein Totalschaden, war seitlich aufgeschlitzt und konnte erst nach Stunden mit drei Spezialkränen geborgen werden. Als Ursache für das Nicht-Einfahren der Räder wurde eine bei einer Wartung nicht ordentlich festgeschraubte Mutter festgestellt. Auch hatte sich der Pilot auf falsche Treibstoffberechnungen eines Systems verlassen, dass das ausgefahrene Fahrwerk nicht berücksichtigt. 

Das Wrack wurde in die USA verkauft und schließlich die Ersatzteile ausgeschlachtet. Der 55-jährige Österreicher sah sich stets als Held, doch die Behörden und Gerichte sahen dies anders. Er verlor seine Fluglizenz und wurde am Amtsgericht Hannover wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Dem Co-Piloten wurde keine Schuld gegeben. Im Untersuchungsbericht des Verkehrsministeriusms wurde Airbus wegen des Treibstoffberechnungssystems und Hapag-Lloyd wegen Mängeln bei der Checkliste zumindest mitverantwortlich gemacht. 

Bis heute wird der Vorfall jedenfalls in Pilotenausbildungen behandelt. Er gilt als Paradefall dafür, dass Flugkapitäne immer auch auf die Bedenken ihrer Ersten Offiziere eingehen sollen. Streitigkeiten und Missverständnisse führen immer wieder zu gröberen Vorfällen im Flugverkehr. Derzeit wird etwa auch noch untersucht, ob so eine Auseinandersetzung beim "AUA-Hagelflug" im Juni 2024 eine Rolle gespielt haben könnte. Dabei wurde ein Airbus durch ein Unwetter schwer beschädigt. 

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