Genau diese Studien kritisierte Verkehrsminister Peter Hanke zuletzt scharf. Sie seien „politisch in eine Richtung gelenkt worden“, sagte er. Das wiederum empört Gewessler, die sich derzeit für das Amt der grünen Parteichefin bewirbt: Es sei „eine Chuzpe“ von Hanke, Wissenschaftern politische Schlagseite vorzuwerfen, sagte Gewessler.
Hanke kontert: „Unwahr“
Hanke, der bis vor Kurzem Finanzstadtrat in Wien war, antwortet postwendend: Er sieht „eine Interpretation“ seiner Vorgänger, die er „als unwahr zurückweist“, heißt es aus dem Ministerium. Er habe nicht die Wissenschafter kritisiert, sondern den politischen Diskurs. Dieser sei „sehr emotional“ geführt worden. „Hier wurde viel Porzellan zerbrochen“. Das wolle er ändern – „und Ruhe und Klarheit in die politische Debatte bringen“.
Knappe Mehrheit befürwortet das Projekt
Klar ist, wie die Wienerinnen und Wiener zu dem Tunnel stehen: Eine knappe Mehrheit von 53 Prozent befürwortet das Projekt. Das ergab eine OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER.
Tunnel-Befürworter Hanke und Tunnel-Gegnerin Gewessler bedienen dabei gut die jeweiligen Wählergruppen: 52 Prozent der SPÖ-Wähler sprechen sich für den Bau aus; bei den Grün-Sympathisanten sind es nur 8 Prozent. Die einzige Partei, deren Positionierung sich mit jener der eigenen Wähler nicht deckt, sind übrigens die Neos: Sie sprechen sich gegen den Lobautunnel aus, obwohl 57 Prozent ihrer Anhänger diesen befürworten.
Zweiter Konfliktpunkt: Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt
Apropos Positionierung: Auch bei einem zweiten zentralen Verkehrsprojekt dreht sich im Wiener Wahlkampf die Debatte um die grüne Ex-Ministerin. Seit 2020 schon versucht die Wiener Stadtregierung, die Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt umzusetzen, wurde von der Ministerin aber immer wieder vertröstet. So zumindest lautet die einhellige Erzählung aller Parteien in Wien – freilich mit Ausnahme der Grünen.
Gestritten wurde vor allem über die Videoüberwachung, die für die Verkehrsberuhigung nötig ist. Im KURIER-Gespräch betont Gewessler nun (entgegen der allgemeinen Wahrnehmung), das Projekt „immer unterstützt“ zu haben. „Ich habe in meiner Amtszeit dazu unzählige Gesetze und Vorschläge entwickelt, eingebracht und diskutiert“, sagt sie. „Wir Grüne haben vor zwei Jahren und noch einmal vor einem Jahr einen Gesetzesvorschlag gemacht.
Vor wenigen Wochen haben wir im Nationalrat wieder einen Vorschlag eingebracht, der unmittelbar dafür gesorgt hätte, dass man die verkehrsberuhigte Innenstadt – mit Überwachung und dem nötigen Datenschutz – umsetzen kann.“
"Sorry, das klingt mehr nach Wahlkampf"
Dass daraus nichts wurde, daran sei erneut Nachfolger Hanke Schuld: „Er hat lieber in einer Aussendung informiert, dass er einen eigenen Vorschlag erarbeitet. Sorry, das klingt mehr nach Wahlkampf als nach einer sinnvollen Maßnahme. Wir haben einen fertigen Vorschlag im Parlament, der wieder vertagt wurde. Wir könnten ihn morgen beschließen und dann haben wir das Projekt.“
Hanke kontert: Dass Gewessler in seinem „raschen Handeln“ eine „Wahlkampfhilfe sieht, ist in sich Ausdruck des Wahlkampfs“. Jahrelang habe es keine Lösung gegeben: „Das ändert sich nun.“
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