Der Naschmarkt wird weiblicher

Neue Straßennamen, neues Logo, neue Bio-Ecke am Samstag und eine Begegnungszone auf der Schleifmühlbrücke sollen den Naschmarkt attraktivieren. Gabriele Kuczera arbeitet hier seit 43 Jahren als Standlerin.
Die Stadt verpasst dem Naschmarkt einen neuen Look – und ehrt berühmt-berüchtigte Verkäuferinnen.

Wasabinüsse und Trockenfrüchte. Kritikern zufolge ist das (neben zu vielen Gastronomieständen) das Einzige, was der Naschmarkt derzeit zu bieten hat. Standlerin Gabriele Kuczera kann diese Vorwürfe nicht mehr hören. An ihrem Stand mit der Nummer 374 ist von diesen Produkten jedenfalls keine Spur. Hier gibt es frisches Obst und Gemüse – von Artischocken bis zum ersten österreichischen Rhabarber des Jahres.

Packen wird Kuczera ihre Produkte künftig nur mehr in Papierbeutel. Die Kuczeras sind eine von fünf Standlerfamilien, die bei dem umweltfreundlichen Pilotprojekt "Plastikfreier Naschmarkt" mitmachen. Das Projekt ist eines von mehreren Initiativen, die Marktstadträtin Sandra Frauenberger und Mariahilfs Bezirksvorsteher Markus Rumelhart am Montag vorstellten und die helfen sollen, den besucherstärksten Markt beliebter zu machen.

Starke Frauen

So gibt es einerseits ein neues grasgrünes Logo, eine neue, übersichtlichere Homepage mit detailliertem Lageplan und eine eigene App. Damit sich Kunden aber nicht nur online sondern auch vor Ort besser zurechtfinden, werden die Hauptrouten und die Plätze vor der Kapelle sowie nahe der Kettenbrücke getauft. Benannt werden sie nach resoluten Frauen, die Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Naschmarkt für Aufsehen sorgten. "Fratschlerinnen" hießen diese Obstverkäuferinnen, die für ihren Witz wie für ihre Grobheit bekannt waren. Die Ware lag meist vor ihnen auf dem Boden; einen eigenen Stand hatten sie nicht. Zwei der berüchtigtsten und vorlautesten Marktfahrerinnen waren die "Krawall-Minerl" oder die Haverschesse Mariedl. Reiche Wiener besuchten den Markt oft nur, um diese "Raufbolde" zu beobachten.

Der Naschmarkt wird weiblicher
naschmarkt

Standlerin Gabriele Kuczera findet die Würdigung passend. "Frauen haben auf dem Naschmarkt immer eine wichtige Rolle gespielt – und das Marktschreien sowieso", sagt Kuczera, die von ihrer Mutter stets eingebläut bekam: "Wenn viel Ware da ist, dann muss man mit dem Mundwerk arbeiten."

Bio-Eck

Noch mehr Angebot von Bauern aus der Umgebung soll es künftig am Samstag geben – beim "Bio-Eck" auf dem Landparteienplatz. Viele Kunden wünschen sich zwar mehr Angebote von Bauern unter der Woche, doch die meisten Produzenten stehen zu dieser Zeit auf dem Feld und können lediglich am Wochenende verkaufen.

"Die Produktvielfalt auf dem Naschmarkt ist trotzdem riesig", sagt Stadträtin Frauenberger und verweist neben den Bioprodukten des Bioshops oder den 60 Essigsorten beim Gegenbauer auf das Deshi. Was 1993 als kleiner Lebensmittelladen begann, ist in den vergangenen Jahren zu einem Großhandel für asiatische Produkte geworden. "Unsere Kunden kommen aus der ganzen Stadt", sagt Verkäuferin Ivey Abraham. Denn Spezialitäten, wie wild gefangene Garnelen (um 13,90 € pro Kilo), frische Curryblätter oder Korianderpflanzen samt Wurzeln gäbe es nur hier.

Die Sanierung des Marktes schreitet indes weiter voran. 15 Millionen Euro investieren Stadt Wien und der Bezirk insgesamt in die Neugestaltung. Im April startet der Umbau der Schleifmühlbrücke zur Begegnungszone. Auch die Eingänge zum Markt bei der Kettenbrücke oder beim Getreidemarkt werden neu gestaltet. Die Bauarbeiten sollen Ende 2016 abgeschlossen sein.

Info: www.naschmarkt.wien.at

Der Rochusmarkt im dritten Bezirk ist ein Kleinod. Um 9.30 Uhr sitzen die ersten bei einem Kaffee in der Sonne. Es duftet nach Brathendl und frischem Gebäck.

Doch seit der Umbau der Postfiliale in der Maria-Eis-Gasse begonnen hat, fürchtet so mancher den Untergang des Rochusmarktes. Abgesehen von der neuen Post-Filiale soll in dem Gebäude nämlich ein Einkaufszentrum (EKZ) errichtet werden. Welche Geschäfte dort einziehen, ist noch nicht klar.

Eine Online-Unterschriftenaktion dagegen gibt es aber schon: "Rettet den Rochusmarkt – Gegen den Bau des Einkaufszentrums" heißt sie. 227 Personen haben die Petition bisher unterzeichnet. Das neue Einkaufszentrum sei existenzbedrohend für den Markt. Zudem sei ein drittes EKZ zwischen der Galleria auf der Landstraßer Hauptstraße und The Mall beim Bahnhof Wien-Mitte unnötig.

Zumindest mit der zweiten Begründung können die Standler am Rochusmarkt etwas anfangen. "Es geht hier nicht um Konkurrenz, aber ein drittes Einkaufszentrum hier ist einfach zu viel", sagt Roland Schätzl. Seit 32 Jahren betreibt er seinen Obst- und Gemüsestand am Rochusmarkt. Aber weder er, noch Marina Poppenberger vom Käseland wollen das EKZ schon vor seiner Eröffnung schlechtreden: "Vielleicht bringt es uns ja sogar Frequenz", sagt Poppenberger.

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