U-Bahn-Bau als Chance: Hernalser Hauptstraße soll zum grünen Boulevard werden

Viel mehr Platz für Fußgänger und mehr Grünflächen: Dieses Rendering zeigt, wie die Hernalser Hauptstraße aussehen könnte
Grüne präsentierten Studie zu Umgestaltung der Hernalser Hauptstraße

Grau, laut, stark befahren: Die Hernalser Hauptstraße ist derzeit von eher enden wollendem Liebreiz. Wie der Bezirk lebenswerter werden könnte, dazu gaben die Grünen eine Studie in Auftrag, die sie am Dienstag präsentierten. 

Demnach könnte man die Bauarbeiten für die neue U-Bahnlinie U5 nützen, um das Grätzel auch oberirdisch neu zu gestalten: mit 1.000 neuen Bäumen und verkehrsberuhigten Zonen.

Die Hernalser Hauptstraße, wie wir sie kennen, entstand so Ende des 19. Jahrhunderts. Sie ist großzügig angelegt und (zumindest teilweise) von Bäumen gesäumt – insofern hätte sie sogar Allee-Charakter.

Zu viel Hitze und Verkehr

Theoretisch. Denn in der Praxis donnert hier Tag für Tag der Auto- und Lkw-Verkehr durch. Die Folge sind Staus, Lärm und schlechte Luft. Die Gehsteige sind schmal und Möglichkeiten für Fußgänger, die Straße zu überqueren, rar. Im Sommer heizt sich der graue Bezirk zudem stark auf.

Karin Prauhart, grüne Bezirksvorsteher-Stellvertreterin in Hernals, lebt seit mehr als 40 Jahren im Bezirk: „Früher war die Straße eine blühende Lindenallee und eine beliebte Einkaufsstraße. Heute gibt es immer mehr Leerstand, weil sie so unattraktiv ist“, erzählt sie.

Auch Judith Pühringer, Spitzenkandidatin der Grünen in Wien und selbst seit 15 Jahren Hernalserin, spricht aus Erfahrung: „Auf dem Schulweg können meine Kinder und ich kaum nebeneinander gehen, so schmal sind die Gehsteige.“ Die Bäume könne man nahezu an einer Hand abzählen. „Und auch der Elterleinplatz ist nicht unbedingt ein Ort, wo man sagt: Treffen wir uns dort.“

Die U5 werde Verbesserungen unter der Erde bringen – „wir wollen aber auch Verbesserungen an der Oberfläche“, sagt Kilian Stark, Planungssprecher der Grünen. Die Hernalser Hauptstraße solle zum „grünen Boulevard für Fußgänger und für Radfahrer“ werden.

Begegungszonen statt Nebenfahrbahnen

In der Studie, die vom Planungsbüro „Bauchplan“ erstellt wurde, wird die Reduzierung des Durchzugsverkehrs empfohlen. Gehsteige wie Radwege sollen breiter werden, mehr Querungsmöglichkeiten für Fußgänger entstehen. Die Nebenfahrbahnen könnte man in Begegnungszonen umwandeln: mit konsumfreien Plätzen und kleinen Parks, aber mit Zufahrtsmöglichkeiten.

„Derzeit gibt es 250 Bäume. Das könnten wir auf 1.000 vervierfachen“, sagt Stark. Außerdem solle der Alsbach, der seit dem 19. Jahrhundert unterirdisch fließt, wieder an die Oberfläche geholt werden und durch die Rötzergasse fließen.

Mehr Lebensqualität und weniger Hitze

Durch mehr Bäume, mehr Grün und mehr Wasser könne man nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern den Bezirk auch deutlich abkühlen: „Immerhin hatten wir im Vorjahr 48 Tropennächte“, sagt Prauhart.

Die Kosten würden sich auf 50 Millionen Euro belaufen, schätzen die Grünen. „Aber wenn wir im kommenden Jahr schon alles wegen des U-Bahn-Baus aufreißen, sollten wir nicht den Fehler der Vergangenheit machen, danach alles wieder zuzubetonieren“, fügt Stark hinzu.

Klarheit: Die wichtigsten Begriffe

Hernals, der 17. Bezirk, wurde 1892 aus den Gemeinden Hernals, Dornbach und Neuwaldegg gebildet. Urkundlich erwähnt wurde Hernals allerdings schon im Jahr 1044 - damals noch als zwei Grundstücke an der Als. Auf einer Fläche von 11,4 km² leben 56.671 Menschen. Über 70 Prozent der Fläche machen Grünland und Gewässer aus, vor allem im Westen des Bezirks. Am Gürtel im Osten des Bezirks ist die Bevölkerungsdichte im Vergleich höher. Die durchnittliche Hernalser Bevölkerung ist 41 Jahre alt. Bezirksvorsteher ist Peter Jagsch (SPÖ).

Die Grünen stehen für die Grüne Alternative. Gegründet wurde die Partei 1986 als Zusammenschluss der konservativen Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) und der progressiveren Alternativen Liste Österreichs (ALÖ). Parteifarbe ist Grün. Ihre Wurzeln hat die Partei in der Widerstandsbewegung der 1980er-Jahre gegen das Kraftwerk in Hainburg und das Atomkraftwerk in Zwentendorf. Politisch stehen die Grünen links außen. Sie treten für Ökologie, den Schutz von Minderheiten und für Migration ein. In Wien waren die Grünen von 2010 bis 2020 Koalitionspartner der SPÖ, Spitzenkandidatin bei der Wahl ist Judith Pühringer.

Judith Pühringer (Jahrgang 1976) leitet seit 2021 gemeinsam mit Peter Kraus als Doppelspitze die Wiener Grünen. Für die Wienwahl tritt sie auf Listenplatz 1 an und ist darum die Spitzenkandidatin. Pühringer ist selbst in Währing aufgewachsen. Bei den Grünen engagiert sie sich seit 2020 als Quereinsteigerin. Zuvor arbeitete sie als Geschäftsführerin von „arbeit plus“, einem Netzwerk von sozialen Unternehmen. Im Wienwahlkampf 2025 bezeichnete sie sich als Klimasozialdemokratin.

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