Grüne für Ende der Bettelverbote

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Wiener Grüne machen sich weiter für Ende der scharfen Bettelgesetze stark. Derzeit laufen auch Gespräche mit dem Koalitionspartner SPÖ.

Martina S. ist gescheitert. Zumindest vorerst. Seit knapp fünf Jahren bettelt die Frau auf Wiens Straßen und seit knapp einem Jahr kämpft sie gegen die scharfen Wiener Bettelbestimmungen an. Martina S. zog mit Unterstützung der Wiener Grünen sogar vor das Höchstgericht. Vergebens.

Wie berichtet wird das Wiener Bettelverbot nicht aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Beschwerde der Frau zurückgewiesen. Sie sei nicht zulässig, weil in Wien nicht Betteln generell, sondern nur bestimmte Formen – wie gewerbsmäßiges oder aggressives Betteln – verboten sei.

„Alles an den Haaren herbeigezogen“, sagte S. als sie der KURIER vergangenes Jahr besucht hat. Sieben Mal wurde die Wienerin damals angezeigt, weil sie angeblich Leute angepöbelt hätte oder weil sie Bettelei gewerbsmäßig betreibe. Das Geld, das sie für die Strafen aufwenden musste, überstieg die Einnahmen durch das Betteln um ein Vielfaches. So war es damals. So ist es heute.
„Seit das Urteil vor kurzem bekannt wurde, hat Martina S. bereits weitere Strafbescheide erhalten“, sagt Birgit Hebein von den Wiener Grünen. „Die gesetzlichen Bestimmungen bekämpfen Arme, aber nicht die Armut selbst.“

Gemeinsam mit Mitgliedern der Bettellobby Wien, Vertretern von Straßenzeitungen und mit SOS Mitmensch macht sich Hebein nun weiter für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen stark – trotz höchstrichterlichem Urteil. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag wurde sodann ein Knigge für Menschen, die Bettlern Almosen spenden wollen (www.bettellobbywien.wordpress.com) verteilt.

Rot-Grüne Reform?

Doch die Grünen sitzen seit 2010 in der Regierung mit der SPÖ – gemeinsam mit den Stadtroten könnten sie die zuletzt 2010 verschärften Bestimmungen auch wieder lockern. Hebein bleibt vage. „Es ist bekannt, dass wir hier eine andere Position vertreten als unser Koalitionspartner“, sagt sie. „Aber es laufen Gespräche mit dem Polizeipräsidenten, mit Stadträtin Sandra Frauenberger und Stadträtin Sonja Wehsely (beide SPÖ, Anm.).“ Es werde geprüft, welche Auswirkungen das Urteil des VfGH auf die Wiener Situation habe und ob es Änderungen bedürfe.

In den genannten Stadtratsbüros ist man da deutlich zurückhaltender. Der Sprecher von Sandra Frauenberger sagt nur: „Für uns zählt das Urteil des VfGH, aus dem hervorgeht, dass die Wiener Situation verfassungskonform ist.“ Akuter Handlungsbedarf bestehe daher keiner. „Wir sind aber für Gespräche offen.“

Verfassungsrichter am Zug

Dass es verfassungskonform ist, besondere Formen des Bettelns zu verbieten und dies die Bundesländer mit Landesgesetzen tun dürfen, hat der VfGH schon im Sommer festgehalten. Die Salzburger Regelung hoben die Verfassungsrichter im Juli auf, weil sie jegliche Form, auch stilles Bitten um Spenden, verbietet. Die Regelungen Kärntens und Oberösterreichs erachtete der VfGH hingegen als verfassungskonform. Noch offen ist eine Beschwerde aus der Steiermark. Darüber wird im ersten Quartal 2013 entschieden.

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