77,8 Mio. Euro: Grand Hotel Wien sucht Käufer, Hotelbar schließt

Das Grand Hotel Wien am Kärntner Ring.
Seit seiner Eröffnung im Jahr 1870 zählt das Grand Hotel Wien am Kärntner Ring 9 zu den prunkvollsten Adressen Wiens und hat Legendenstatus. Die Legende blickt allerdings in eine ungewisse Zukunft.
Das Unternehmen ist insolvent, ein Verkauf soll das Haus retten. Das Besondere: Das Luxushotel am Kärntner Ring 9 wird samt Grundstück verkauft – und wann ist schon ein Grundstück am Ring zu haben? Genau, nie.
Gleichzeitig steht das Grand Hotel unter finanziellem Druck. Mitte Mai wurde über die Erste Wiener Hotel AG, deren Tochterunternehmen die Grand Hotel GmbH ist, ein Konkursverfahren eröffnet.
Damals hieß es noch, dass der Hotelbetrieb uneingeschränkt fortgesetzt werde. Im Juni folgte dann die Nachricht, auch das Hotel ist zahlungsunfähig.
50,7 Millionen Euro Schulden offen
Das Unternehmen wird fortgeführt und soll offenbar saniert werden. Laut dem Gläubigerschutzverband Creditreform haben die Gläubiger mittlerweile 58,29 Millionen Euro Forderungen angemeldet, davon wurden 50,76 Millionen Euro auch anerkannt.
Der KSV1870 erklärt auf KURIER-Anfrage, dass man sich mitten in einem Verwertungsverfahren befinde: „Ein Makler ist eingeschaltet. Das Hotel wird samt Liegenschaft verkauft, was sehr selten ist.“

Das Grand Hotel Wien musste im Juni 2025 Konkurs anmelden.
Dass es beim Grand Hotel der Fall ist, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass das Haus einfach schon so lange an der Ringstraße existiert. Ein Schnäppchen ist das Luxushotel freilich nicht gerade.
Laut Immobiliengutachten, das dem KURIER vorliegt, wird der Zustand des Gebäudes als gut bewertet und der Verkehrswert auf 77,8 Millionen Euro geschätzt. Auch das Inventar – nicht in den 77,8 Millionen Euro enthalten – soll verkauft werden. Der Verkehrswert des beweglichen Inventars wird mit 1,44 Millionen Euro beziffert.
Interessenten im In- und Ausland
Was man dafür bekommt: Über 20.000 Quadratmeter Nutzfläche verteilt auf 15Stockwerke, 206 Zimmer, ein großes Spa, zwölf Tagungsräume, das japanische Restaurant „Unkai“ sowie die bekannte „Wagemut Kavalierbar“. Letztere gab am Mittwoch die baldige Schließung bekannt (dazu unten mehr).
Laut KSV1870 gäbe es für das Hotel bereits zahlreiche Interessenten, national sowie international. Spannend dürfte für sie der Blick auf die Erlöse sein: Der Gesamtumsatz des Hotels stieg von 16 Mio. Euro (2022) auf 18,8 Mio. Euro (2023) und zuletzt auf 20,6 Mio. Euro (2024). Jedoch lagen die Erlöse in allen drei Jahren unter Budget.
Interessantes Detail: Während die Gastronomie 2023 leicht über Plan lag, stürzten die Erlöse 2024 mit einem Minus von 15 Prozent unter Plan regelrecht ab.
Barchef: „Haben es nie geschafft, Bar rentabel zu betreiben“
Die Insolvenz des Hotels ist laut Barbetreiber Nicolas Kröger aber nicht der Grund für die Schließung, wie er dem KURIER sagt: „Wir hätten auch so im Dezember zumachen müssen, wir sind nie in die schwarzen Zahlen gekommen.“
Die simple Wahrheit sei, dass man es nie geschafft habe, die Bar rentabel zu betreiben, schreibt er auf Instagram. Kröger ist Spirituosenproduzent und Hotelfachmann, machte Station in England, Deutschland, auf den Malediven und in Südafrika.
Verwöhnte Wiener Gäste?
Die Kavalierbar übernahm er im April 2023, nachdem darin gut drei Jahre lang Stillstand herrschte. Im Jahr 2024 wurde die Wagemut Kavalierbar von Falstaff als beste Hotelbar Österreichs ausgezeichnet.
Ich konnte als Gastronom das Wiener Publikum nicht ganz verstehen – und kann es immer noch nicht.
Barchef
Ein weiterer Grund für das Scheitern: „Die Tatsache, dass ich als Gastronom das Wiener Publikum nicht ganz verstehen konnte – und immer noch nicht kann“, so der Deutsche. „Ich dachte, eine Bar am Ring sei absolute Toplage. Aber die Wiener sind verwöhnt, wenn es um Fußläufigkeit geht. Muss man einmal zu oft abbiegen, kommen sie nicht.“
Gescheitert sei das Projekt auch an seiner „unrentablen Ideologie“: hochwertigste Spirituosen, die es nur bei ihm gibt und zu Drinks verarbeitet werden, für die man wiederkommt. Das sei aber nicht passiert, er habe falsch eingeschätzt, worauf die Gäste in Wien wert legen.
Wir haben höchste Qualität und Service geboten. Das interessiert aber niemanden.
Barchef
„Wien ist sensationsgeil, was nicht als Kritik an den Gästen gemeint ist", sagt Kröger zum KURIER. Die Neueröffnung habe viel Aufmerksamkeit bekommen und auch wenn man eine Wiener Stammkundschaft aufbauen konnte, würden viele einen Besuch nur abhacken und zur nächsten Neueröffnung ziehen.
Schließung noch im Dezember
"Wir haben höchste Qualität und Service geboten. Das interessiert aber niemanden. Das Getränk ist egal, man will nett sitzen, Leute beobachten, sehen und gesehen werden", erzählt Kröger.
Für die Schließung habe man sich nur schweren Herzens entschieden: "Es tut mir weh, dieses Kapitel beenden zu müssen. Eine erdende Erfahrung, die mich daran erinnert, dass nicht alles funktioniert, was wir machen." Letzter Öffnungstag der Kavalierbar wird der 6. Dezember sein.
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