Und das Interesse steigt: 75 Parklets wurden 2021 beantragt, 82 im Vorjahr und 91 in diesem. Inklusive der zweiten Schiene, „Junges Grätzel“, sollen dieses Jahr 122 Grätzloasen umgesetzt werden.
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Stadt für alle
„Unsere Idee ist es, das Wohnzimmer auf die Straße zu bringen“, sagt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Weil nur die wenigsten eine Terrasse haben. Und weil der öffentliche Raum der Allgemeinheit gehört. „Ich glaube, das ist eine zentrale Aufgabe für die Stadt der Zukunft, dass wir sie als unseren gemeinsamen Raum zurückgewinnen“, sagt Czernohorszky.
Dass das funktioniert, sieht man nicht nur, wenn man offenen Auges durch die Stadt geht, das bestätigt auch Lilli Lička. Die 60-Jährige ist Leiterin des Instituts für Landschaftsarchitektur an der BOKU und sie hat mit Gleichgesinnten ein Parklet im 15. Bezirk umgesetzt. „Wir kriegen irrsinnig viele Komplimente und es sitzen wirklich oft Leute da“, erzählt sie nicht ohne Stolz in ihrem kleinen Paradies in der Hackengasse.
Mütter mit Kindern, Touristinnen und Touristen, Ältere: Unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen nutzen die Möglichkeit, sich in der immer heißeren Stadt ohne Konsumzwang kurz ins kleine Grüne setzen zu können.
Für Ältere sind solche Orte von besonderer Bedeutung. Die Mobilität nimmt ab, die Einsamkeit steigt. „Daher sind solche sozialen Orte für eine alternde Gesellschaft sehr wichtig“, sagt Horx Strathern. Das bestätigt auch Sabrina Halkic, Geschäftsführerin der LA21. „Gebaut werden die Grätzloasen von den Jungen, aber genutzt werden sie oft von den Älteren.“
Weitere Wünsche
Halkic und ihr Team unterstützen nicht nur bei der Bürokratie, sondern auf Wunsch auch hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten. Und, nicht unwesentlich: mit bis zu 4.000 Euro Projektförderung, etwa für Baumaterial, Bepflanzung oder auch Versicherung. Das kann, muss aber nicht reichen.
Die Gruppe um Lička hat beispielsweise noch einmal 1.500 Euro zugeschossen. „Wir hatten aber hohe Ansprüche, auch hinsichtlich der Ausführung“, sagt sie. Dennoch würde sie sich noch mehr Unterstützung seitens der Stadt wünschen, schließlich muss ein Parklet nicht nur errichtet, sondern auch erhalten werden. Zweimal täglich gießen ist im Sommer etwa Pflicht.
Und auch andere Wünsche und Probleme gibt es, klein wie groß. Malu Engelmann, die vor ihrem Maklerinnenbüro in der Zieglergasse ein Parklet eingerichtet hat, wünscht sich etwa, im Herbst nicht abbauen zu müssen (die Oasen hängen an der Schanigartenregelung, Anm.).
An der Angewandten in der Inneren Stadt konnte man wiederum gar nicht erst aufbauen: Zwar winkte die Magistrats-„Jury“ das beantragte Parklet am Georg-Coch-Platz durch, bei der Ortsverhandlung protestierte die Wirtschaftskammer aber gegen den Wegfall der zwei Parkplätze. Daraufhin wurde der Antrag zurückgezogen.
Und natürlich gibt es auch Anrainer-Widerspruch gegen die Grätzloasen. Weniger bei den aufwendiger gestalteten, mehr bei den einfacheren mit weniger Bewuchs. Für Czernohorszky normal im Rahmen so eines Projekts. „Es ist alles eine Frage des Aushandelns“, sagt er, und: „Es ist eine ständige Weiterentwicklung“. Dynamik, Flexibilität und Einbindung als Schlüsselfaktoren des Projekts, sozusagen. „Es ist wie eine Art Denkmal für eine andere Stadt, so eine Art Schatten der Zukunft. Deswegen bin ich ein ziemlicher Fan.“
Anders gesagt: Einfach mal machen. Sofern man darf.
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