Giftkrimi in Wiener Justizanstalt
Das toxische Halbmetall Antimon wurde bereits mit dem möglichen Vergiftungstod von Wolfgang Amadeus Mozart 1791 in Verbindung gebracht. Seit einigen Tagen ist das chemische Element in Österreich Gegenstand eines Justizkrimis. Bei einem Mitarbeiter der Justizanstalt Simmering in Wien wurden Vergiftungserscheinungen von Antimon bei Blutuntersuchungen nachgewiesen. Während die Personalvertretung bereits flächendeckende Gesundheitskontrollen aller Wachebeamten fordert, will man im Justizministerium zunächst der Ursache auf den Grund gehen.
Antimon gilt als krebserregend. Bereits die Einnahme von 200 Milligramm kann tödlich sein. In Strafanstalten sind Rückstände kein unbekanntes Problem. Bereits im März 2017 sind im Blut von Justizbeamten der Strafanstalt Graz-Karlau erhöhte Antimonwerte festgestellt worden. Einige der Betroffenen waren als Trainer im Schießkeller der Justizanstalt tätig und führten die Belastungen auf die Rückstände der bleihaltigen Munition und die schadhafte Filteranlage zurück.
Der Schießstand wurde gesperrt und von einem Gutachter untersucht. „Es wurden damals allerdings keine erhöhten Werte in der Anlage festgestellt“, erklärt die Sprecherin des Justizministeriums, Britta Tichy-Martin. Außerdem verwende man, ebenso wie die Polizei, schadstoffarme Munition. Das Rätsel wurde nie gelöst.
Vergangene Woche musste dann der Arbeitsmediziner der Justizanstalt Simmering die Reißleine ziehen. In einem Brief wurden alle Bediensteten darüber informiert, dass von einem Beamten ein bedenklicher Laborbefund vorliegt.
Bei dem Betroffenen war der Antimon-Grenzwert um ein 50-faches überschritten. Da der Mann kein Schießtrainer sei, bestehe kein Zusammenhang mit Munitionsrückständen, heißt es in dem Brief. „Sicherheitshalber wurde er aber vom Schießtraining befreit und von seinem Arbeitsplatz abgezogen“, so der Arbeitsmediziner. Das hat gute Gründe.
Nachbarschaft
Der Vollzugs-Trakt in Simmering, in dem der Justizbeamte arbeitete, grenzt direkt an einen Schrottplatz. Es sei nicht auszuschließen, dass die schwer toxischen Halbmetalle von den dortigen Ablagerungen stammen, heißt es dazu im Gefängnis.
Derzeit wartet man auf das Ergebnis einer zweiten Blutuntersuchung, bestätigt Tichy-Martin. „Der Dienstgeber geht natürlich allen Hinweisen nach, um die Mitarbeiter best möglich zu schützen“, so die Ministeriumssprecherin.
Sollten sich die Ergebnisse des ersten Bluttests bei dem Mann bestätigen, dürfte Siegfried Knasmüller, der renommierte Umwelttoxikologe am Institut für Krebsforschung der Med-Uni Wien, mit der Untersuchung des Falles beauftragt werden.
Weil die Verunsicherung der Mitarbeiter aber jetzt schon groß sei, verlangt die blaue Seite (AUF) der Personalvertretung bereits eine Informationsveranstaltung für alle Mitarbeiter sowie einen kostenlosen Bluttest. „Wenn die Ursache tatsächlich im Schrottplatz zu finden ist, dann besteht ja auch Gesundheitsgefahr für alle Insassen. Das hätte weit reichende Folgen“, erklärt ein Personalvertreter. Fast 590 Insassen zählt die Justizanstalt.
Da es bereits zuvor zu einer ähnlichen Antimon-Vergiftung bei einem Justizwachebeamten gekommen sein soll, ist bereits eine Amtshaftungsklage gegen die Republik anhängig.
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