Gestrandeter Zirkus muss Zuflucht in Wien räumen

Zirkusdirektor Benjamin Spindler will kommende Woche nach Niederösterreich übersiedeln.
Eigentlich sollte der Circus Safari seine Zelte in Auhof bis Montagfrüh abbrechen. Doch jetzt gibt es eine Gnadenfrist.

Zirkusdirektor Benjamin Spindler ist verzweifelt. Nicht nur, weil er mit seinem „Circus Safari“ auf einem Parkplatz in Wien-Auhof (14.) gestrandet ist und die Bevölkerung um Futterspenden für seine 62 Tiere bitten muss. Sondern vor allem, weil der Grundeigentümer - Toyota Frey - die Zirkus-Crew auf die Straße setzen will.

Gestern, Freitag, wurde die Räumungsaufforderung zugestellt: Bis Montag, 8 Uhr Früh, sollte der Circus Safari seine Zelte abbrechen. Nachdem der KURIER die Frey Holding um eine Stellungnahme bat, gewährt diese nun zumindest 14 Tage Gnadenfrist.

Anrainer füttern Tiere

Die Geschichte ging durch die Medien: Da der aus Graz stammende Zirkus wegen der Corona-Krise nicht in die Frühjahrssaison starten konnte, sitzen Spindler und seine schwangere Frau mit ihren Kindern und Verwandten, ein paar Mitarbeitern und 62 Tieren seit Monaten auf dem Areal fest, auf dem die letzten Vorstellungen vor der Winterpause stattfanden.

Gestrandeter Zirkus muss Zuflucht in Wien räumen

Die Lamas lassen sich nur widerwillig beim Fressen fotografieren.

Einen festen Firmensitz habe er nicht, sagt Spindler – der Zirkus werde bloß von Auftrittsort zu Auftrittsort bewegt. Doch da Corona keinen Betrieb zulasse, gebe es auch keine Alternative zum Status-quo.

Um die Tiere – Kamele, Lamas, Esel, Pferde, Ziegen, Schafe, Kühe, Hasen, Ratten, Hunde, Gänse und eine Ente – versorgen zu können, startete Spindler einen Spendenaufruf. Mit Erfolg: Immer wieder kommen Anrainer oder Tierfreunde von weiter weg auf den Parkplatz in der Albert-Schweitzer-Gasse 1 und bringen Futter. „In Zeiten der Krise bemerkt man erst die unglaubliche Solidarität der Menschen“, sagt der Zirkusdirektor.

Laut Ruth Jily, Leiterin des Wiener Veterinäramts (MA60), das den Zirkus regelmäßig kontrolliert, sind die Vierbeiner „gut gepflegt“.

Gestrandeter Zirkus muss Zuflucht in Wien räumen

Zirkusdirektor Benjamin Spindler - hier mit den Eseln Whisky (li.) und Vodka - hat Grund zur Freude.

Befristeter Mietvertrag

So weit, so schwierig. Denn trotz Spenden muss Familie Spindler pro Woche mehr als 2.500 Euro in Tierfutter investieren. Und das ohne Einnahmen.

Richtig verzagt ist die Zirkusfamilie aber erst seit Freitag. Denn da teilte der Grundeigentümer per Brief mit, dass das Gelände binnen 48 Stunden zu räumen sei.

Begründet wurde dies mit dem Ablauf des befristeten Mietvertrags. Gegenüber dem KURIER verweist man bei der Frey Holding zudem auf die Auflassung des Toyota-Standorts Auhof Ende Februar. Seit Anfang März laufe ein Verwertungsprozess für die Liegenschaft. Dennoch zeige man sich "gerne kooperativ" und biete dem Circus Safari weitere zwei Wochen an. "In diesem Zeitraum muss jedoch ein neuer Standort gefunden werden."

Gestrandeter Zirkus muss Zuflucht in Wien räumen

Für Futterspenden ist Familie Spindler immer dankbar.

"Das hilft uns nichts", sagt Spindler, der die 600 Euro Wochenmiete gern weiter bezahlen würde. Zum einen könne er sich eine Verlegung des Zirkus nicht leisten, zum anderen wisse er gar nicht wohin damit. „Wir sind reisendes Volk. Wir können nur stehen, wo wir auftreten.“ Daher hofft er nach wie vor auf Nachsicht der Firmenleitung.

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