Gespaltene Bilanz zu Ärztezentren

Ärzteteams und Pflegepersonal sollen in den Primärversorgungszentren bei großzügigen Öffnungszeiten arbeiten.
Mehrere Mediziner unter einem Dach sollen Spitalsambulanzen entlasten.

Demnächst wird Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) den Gesetzesentwurf in Begutachtung bringen, das den Rahmen für Primärversorgungszentren schaffen soll. Dort sollen Ärzteteams und Pflegepersonal unter einem Dach arbeiten und dank großzügiger Öffnungszeiten dabei helfen, die chronisch überfüllten Spitalsambulanzen zu entlasten.

In Wien haben sich Stadt, Ärztekammer und Gebietskrankenkasse (WGKK) bereits vor einem Jahr darauf geeinigt, vergleichbare Zentren im Rahmen zweier Pilotprojekte zu testen. Die Bilanz fällt allerdings zwiespältig aus.

Projekt läuft

Das erste Projekt auf der Mariahilfer Straße scheint zu funktionieren: Hier wurde im Mai eine bestehende Gruppenpraxis in ein derartiges Zentrum umgewandelt: Drei Ärzte behandeln die Patienten, unterstützt werden sie von zwei Pflegekräften, einem Sozialarbeiter und einem Psychotherapeuten. "Für mich sind die Öffnungszeiten bis 19 Uhr ideal", sagt Patientin Nina Trimmel.

"Im Vergleich zum Vorjahr haben wir bereits um 15 Prozent mehr Patienten", sagt Franz Mayrhofer, einer der Ärzte im Zentrum "MedizinMariahilf". Insgesamt werden hier täglich bis zu 250 Patienten versorgt. Erste Daten weisen darauf hin, dass ein Teil der Patienten dank des Zentrums auf einen Ambulanz-Besuch verzichtet hat. "Unser Vorteil ist, dass wir das Zentrum auf die bestehenden, langsam gewachsenen Strukturen unserer Gruppenpraxis aufbauen konnten", sagt Mayrhofer.

Davon kann beim zweiten Pilotprojekt keine Rede sein. Quasi auf der grünen Wiese soll beim Donauspital ein weiteres Versorgungszentrum entstehen. Trotz dreier Ausschreibungen ist es noch nicht einmal gelungen, ein dreiköpfige Ärzteteam zu finden. "Man kann nicht drei bisher wildfremde Ärzte in so einem Zentrum zusammenspannen", sagt Allgemeinmedizinerin Regina Ewald. Und das in einer Immobilie, die man bestenfalls als "Edelrohbau" bezeichnen könne.

Ewald hat der WGKK angeboten, im Team mit einem zweiten Arzt das Zentrum zu übernehmen. "Wir wären bereit, trotzdem die vorgeschrieben 50 Stunden pro Woche offenzuhalten. Läuft das Zentrum einmal, findet sich auch leichter ein dritter Arzt." Auch die Ärztekammer unterstützt diesen Plan.

Bei der WGKK beharrt man aber auf drei Ärzte: "Die braucht es mindestens. Zumal bei diesem Zentrum auch geplant war, es am Samstag offen zu halten", betont Obfrau Ingrid Reischl. Mittlerweile räumt sie ein: "Ich habe es mir leichter vorgestellt, ein Ärzteteam zu finden." Ohne gesetzlicher Grundlage sei es den Ärzten wohl ein zu großes Risiko, sich an einem neuen Standort zusammenzuschließen. Jetzt soll eine vierte Ausschreibung kommen. Bleibt sie ohne Ergebnis, kann sich die Kassa vorstellen, einen privaten Betreiber zu suchen, der Ärzte anstellt, die einen Kassenvertrag bekommen. Auch ein städtisches oder kasseneigenes Zentrum sei denkbar.

„Die positiven Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Mariahilf zeigen, dass ein solches Projekt auch ohne eigenes Gesetz sehr gut funktionieren kann“, sagt Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart.

Seit Monaten leistet die Kammer heftigen Widerstand gegen die vom Gesundheitsministerium geplanten Regelungen für die Primärversorgungseinrichtungen. Eine der Hauptbefürchtungen: Das System der von Kammer und Krankenkasse ausverhandelten Gesamtverträge werde damit ausgehöhlt. „Die Gesundheitspolitik schafft mit dem Gesetz anonyme Großinstitutionen, welche Schritt für Schritt die Hausärzte ersetzen sollen“, sagt Steinhart.

Zuletzt hatte die Kammer gar mit Kassenvertragskündigungen gedroht. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser regierte verwundert darauf. Noch sei ja inhaltlich alles verhandelbar.

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