Geplanter Aufnahmestopp nach Gehaltsreform sorgt für Unruhe

60.000 Mitarbeiter zählt die Stadt in den verschiedensten Bereichen.
Mehrkosten müssen kompensiert werden. Stadt verspricht Lösung bei Härtefällen.

"Das ist die größte personalpolitische Reform der Stadt in der Zweiten Republik", verkündete der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) im Juli bei der Präsentation des neuen Gehaltsystems für die Mitarbeiter der Stadt Wien. Die Neuregelung sieht unter anderem höhere Einstiegsgehälter bei gleichzeitig flacheren Lohnkurven sowie einen Mindestlohn von 1670 Euro brutto vor.

Das Gesetz soll im Oktober beschlossen werden und Anfang 2018 in Kraft treten. Die Regelungen gelten dann für alle ab diesem Zeitpunkt neu angestellten Mitarbeiter.

Doch im Zuge der Begutachtung, die am 8. September endete, regte sich unter den 60.000 Mitarbeitern der Stadt zunehmend die Sorge, ob die Neuregelung nicht massive Verschlechterungen mit sich bringt. Werden doch in den Erläuterungen des Entwurfs erhebliche Einschnitte beim Personal angekündigt.

Der Hintergrund: Wenn wie bisher 3500 Neuaufnahmen pro Jahr erfolgen, kommen mit der Umstellung auf die Stadt in den ersten fünf Jahren massive Mehrkosten zu. Laut Entwurf belaufen sie sich bis inklusive 2022 auf insgesamt 172,63 Millionen Euro. Zudem stellt die Umstellung das EDV-System vor Herausforderungen.

Um die Abwicklung reibungsfrei zu gestalten und die Einhaltung des Stabilitätspakts zu gewährleisten, sind drei "Kompensierungsmaßnahmen" beim Personal geplant. Zwischen Oktober 2017 und März 2018 sind laut Papier keine Neuaufnahmen möglich. Zwischen Juli 2018 und Dezember 2020 wird jeder zweite Dienstposten um sechs Monate verzögert nachbesetzt. Im Jahr 2022 soll es schließlich zu einer Reduktion der nachzubesetzenden Dienstposten um 450 Vollzeitäquivalente kommen. Das soll insgesamt rund 219,73 Millionen Euro einspielen – mehr als erforderlich wäre.

Gewerkschafter fürchten nun, dass es dadurch zu massiven Engpässen kommt: "Wir würden in gewissen Bereichen Probleme bekommen", sagt etwa Harald Ulreich, Vorsitzender der Hauptgruppe III, die unter anderem für die Mitarbeiter der MA 48 (Abfallwirtschaft), der Wasserwerke oder der Bäder zuständig ist. Offen sei etwa, ob man nun noch Saisonarbeiter aufnehmen könne. Zur Klärung soll es heute, Mittwoch, ein Gespräch mit der MA 2 (Personal) geben.

"Die restriktiveren Nachbesetzungen werden wohl in etlichen Bereichen zu Arbeitsverdichtungen und mitunter zu gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen führen", warnt auch Kurt Obermülner, Landesvorsitzender der FCG in der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. Im Schnitt würden durch die Maßnahmen rund 600 Vollzeitäquivalente pro Jahr fehlen.

Für Unruhe sorgten die geplanten Maßnahmen vor allem im Krankenanstaltenverbund (KAV), mit 30.000 Mitarbeitern das größte städtische Unternehmen. Auf dem Gebiet der Patientenversorgung würden Personalkürzungen besonders kritisch sein, lautete zuletzt die Befürchtung.

Entschärfung nötig

Seitens der Stadt Wien ist man um Beruhigung bemüht: "Für die Unternehmen wie dem KAV oder den Kindergärten, die dringend Personal benötigen, etwa um die Arbeitszeit-Regelungen einhalten zu können, werden wir eine Lösung finden", sagt ein Sprecher der Magistratsdirektion. So könne es auch im kommenden halben Jahr Neuaufnahmen geben, mit Rücksprache und Abstimmung mit der Personaldirektion. Dies sei zuletzt den Unternehmen auch kommuniziert worden. Trotz dieser Entschärfung ist man überzeugt, den Stabilitätspakt einhalten zu können.

Die Betroffenen hoffen, dass diese Zusage auch hält. "Für Ärzte in Ausbildung und Pflegepersonal soll jetzt kein Aufnahmestopp gelten", sagt Karl Pogats, Personalvertreter in der Rudolfstiftung. "Uns ist wichtig, dass der Arbeitsdruck nicht noch höher wird. Er ist jetzt schon ziemlich an der Grenze."

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