Wiener Ehrenzeichen für George Soros als „symbolischer Akt“

Von einer „Jahrhundertchance“ ist die Rede, wenn man die Offiziellen der Stadt Wien nach der Zentraleuropäischen Universität (CEU) fragt. Die Universität, die von George Soros mitbegründet und mitfinanziert wurde, und die offiziell aus rechtlichen Gründen aus ihrer Heimat Budapest absiedeln musste, startet im September in Wien ihren Unterricht. Sie bringe sowohl wirtschaftlich wie gesellschaftlich Vorteile für die Hauptstadt, glaubt die Stadtführung.
Deshalb werde man den philanthropischen Investor Soros am 9. April für seine „hervorragenden Leistungen“ mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen auszeichnen.
Die CEU hat im Dezember 2018 verkündet, dass sie in Wien ihren neuen Campus eröffnen wird. Der Betrieb startet ab September 2019 zunächst in Favoriten, später soll das Otto Wagner Areal zum fixen Standort werden. Im Wiener Rathaus wird darauf verwiesen, dass zahlreiche Studierende aus sozial schwachen Verhältnissen stammten bzw. aus Ländern kommen, wo freie Meinungsäußerung nur schwer möglich sei. Viele von ihnen würden durch Spenden unterstützt, die durch die Zuwendungen von George Soros ermöglicht würden, hieß es.
"Große Symbolik"
Für Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch ein „Akt mit großer Symbolik“. Ohne die Diskussion um die Person George Soros würde es wohl auch die Ehrung nicht geben, glaubt Heinisch. Vor allem aber sei das Ehrenzeichen ein „Willkommensgruß“ in Zusammenhang mit der Teilübersiedelung der CEU nach Wien.
George Soros ist 1930 als Sohn jüdischer Eltern in Budapest geboren, überlebte den Holocaust und ist heute einer der reichsten Investoren der Welt. Seine Milliarden hat er, vor allem von den USA aus, mit heftig umstrittenen Spekulationsgeschäften erwirtschaftet – etwa Wetten gegen Währungen, weshalb er einst gar zum Feindbild der Linken wurde.
Mittlerweile setzt er sein Geld vor allem dafür ein, Forschung und Zivilgesellschaft zu unterstützen. Seine Open Society Foundations finanzieren politische Aktivitäten, die insbesondere in Mittel- und Osteuropa die liberale Demokratie fördern sollen. Auch für notleidende Menschen setzte sich Soros ein. Im Zuge der EU-Flüchtlingskrise schlug er 2016 vor, jährlich 300.000 Flüchtlinge sicher nach Europa zu bringen und sie zu verteilen, weshalb rechtspopulistische Parteien ihn als Feind auserkoren haben. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat Werbekampagnen und Gesetze entworfen, um Soros zu diskreditieren und seine Handlungsfähigkeit einzuschränken. Deshalb muss nun die CEU zum Teil aus Budapest abwandern.
Das rot-grüne Wien positioniere sich mit der Ehrung für die Idee einer weltoffenen, liberalen Gesellschaft – und treibt einen kleinen Spaltpilz in die Bundesregierung, glaubt Heinisch. Während die ÖVP sich nicht auf die teils antisemitische Kritik an Soros einließ (Kurz empfing ihn im November), verfingen sich mehrere FPÖler in Verschwörungstheorien um den Milliardär.
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