Gemeindebau soll sicherer werden

Die Stadt Wien und die Polizei wollen das subjektive Sicherheitsgefühl in den Gemeindebauten wieder erhöhen.
Grätzelpolizist als Hoffnungsträger. Punktuell aber auch mehr Patrouillen.

Mit einer Beratungs- und Sicherheitsoffensive wollen die Stadt Wien und die Polizei das subjektive Sicherheitsgefühl in den Gemeindebauten erhöhen. Davon profitieren sollen 435.595 Mieter in aktuell 2000 Wohnanlagen.

Für Politik und Exekutive besteht Handlungsbedarf. Denn immer weniger Wiener fühlen sich – trotz sinkender Kriminalität – in ihren Wohnungen und im Umfeld sicher. 2007 gaben noch 37 Prozent an, ein sehr gutes Gefühl zu haben, 2016 nur noch 28 Prozent. Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, SPÖ, und Polizei-Vizepräsident Karl Mahrer präsentierten im KURIER-Gespräch die geplanten Maßnahmen für 2017.

Als Hoffnungsträger gilt dabei der Grätzelpolizist. "Ab März werden in allen Bezirken eigene Grätzelbeamte eingesetzt. Inklusive der Koordinatoren in den Wachzimmern sind dann 100 Polizisten für Bürgeranliegen in der Stadt und auch in den Gemeindebauten unterwegs. Das ist ein neuer Bestandteil der Sicherheitsoffensive", glaubt Mahrer an den Erfolg der uniformierte Bürgernähe. "Wir müssen zuhören" Unterstützung kommt von Wiener Wohnen. "120 Kunden-Manager kümmern sich um die Mieter-Probleme in den Anlagen. Wir müssen zuhören, wo die Probleme liegen. Das muss nicht immer mit Kriminalität zusammen hängen", weiß Wohnbaustadtrat Ludwig. Parallel zur personellen Aufstockung werden auch bauliche und technische Maßnahmen gesetzt. So sollen in Zukunft matte Beleuchtungen ausgetauscht, der Grünschnitt verbessert, moderne Briefkästen installiert und Gegensprechanlagen erneuert werden . Auch die Förderung von Sicherheitstüren bleibt aufrecht. Das Rathaus subventioniert eine Einzeltüre mit 400 Euro. Infos unter: 01/4000 74860.

Anonymität bekämpfen

Zusätzlich soll der wachsenden Anonymität in den Gemeindebau ten der Kampf angesagt werden. Unter dem Motto "Willkommen Nachbar" stehen Hof-Feste auf dem Programm. Ludwig: "Wir wollen damit die kommunikative Hemmschwelle unter den Nationalitäten abbauen." Aktuell leben 339.756 Österreicher, 23.946 EU-Staatsbürger und 71.893 Mieter aus Drittstaaten (etwa der Türkei) in den Wiener Gemeindebauten.

Gemeindebau soll sicherer werden
Damit sprechen Ludwig und Mahrer die Durchmischung sowie die soziale Struktur in den Wohnanlagen an (Details Interview unten). Denn das Sicherheitsgefühl setzt sich aus den Komponenten Einkommen, Position am Arbeitsmarkt, Gesundheitszustand, Bildung plus Migrationshintergrund zusammen. In den vergangenen Jahren wurde der Mieter-Mix vernachlässigt. Problem-Gemeindebauten waren die Folge. "Dieses Sorgen-Konstrukt beeinträchtigt das subjektive Sicherheitsgefühl negativ", weiß Vize-Polizeipräsident Mahrer. Und Stadtrat Ludwig ergänzt: "Menschen, die viel Zeit haben, erleben auch ein anderes Sicherheitsgefühl." Damit spricht Ludwig die hohe Arbeitslosigkeit in den Gemeindebauten an.

Auch an diesem Punkt soll die angekündigte Offensive ansetzen. Bei Vernetzungstreffen zwischen Bezirk, Polizei, Bürgerdienst, Fonds Soziales Wien, Wiener Wohnen, Gebietsbetreuung und Waste Watcher werden Hotspots in den Anlagen lokalisiert und gemeinsam mit den Mietern gangbare Problemlösungen erarbeitet. Allerdings gibt es bereits Problem-Anlagen. "Fallbezogen werden in den Gemeindebauten auch mehr Polizei-Streifen eingesetzt", kündigte General Mahrer an. Und neben Aushängen sowie Info-Broschüren zum Thema Sicherheit werden sich Sozialarbeiter um die "kleineren, aber wichtigen Querelen" der Gemeindebau-Mieter kümmern.

KURIER: 50 Prozent aller Wiener Mindestsicherungs-Bezieher leben im Gemeindebau. Nur 33 Prozent haben einen Job. Würde eine sozial ausgewogenere Mieter-Mischung die Sicherheit nicht erhöhen?
Michael Ludwig: Wir werden 2017 in die Besiedlungspolitik stärker eingreifen. Und Mieter, die über die soziale Schiene eine Wohnung bekommen , besser aufteilen.

Thema Videos. Finden die Mieter diese Überwachung gut?
Anfänglich nicht, jetzt ist die Akzeptanz hoch. Wir überwachen ja auch nur Mistplätze, Kellerabteile oder Tiefgaragen in 20 Anlagen.

Bringt diese Art der Überwachung Erfolge?
Dort, wo Kameras installiert wurden, stieg das subjektive Sicherheitsgefühl.

2016 startete bereits eine Sicherheitstour in den Gemeindebauten. Welche Maßnahmen wurden da gesetzt?
In Problem-Anlagen wurden 14.000 Wohnungsbesuche durchgeführt, und 580 Bürgeranliegen direkt bearbeitet. Auch 15 Problemhäuser wurden kontrolliert.

Stichwort Verschmutzung: Es gab im Vorjahr nur 19 Anzeigen wegen Verschmutzung und Vandalismus. Ist das bei 435.595 Bewohnern nicht relativ wenig?
Wir werden die Strafen nicht erhöhen, setzten aber weiter verstärkt auf Information und Prävention.

Kommentare