Gastpatienten in Wiens Spitälern werden weniger, aber teurer

Gastpatienten in Wiens Spitälern werden weniger, aber teurer
Die genauen Kosten bleiben aber völlig intransparent, kritisieren die Grünen. Sie fordern eine verbindliche bundesländerübergreifende Planung der Spitalsversorgung.

Das Thema sorgte zuletzt für erhebliche Verstimmungen zwischen Wien, Niederösterreich und Burgenland: Weil die dafür vorgesehenen Mittel nicht mehr die tatsächlichen Kosten abdecken, will die Bundeshauptstadt die Zahl der Gastpatienten aus den beiden anderen Bundesländern, die sich in Wiens Spitälern behandeln lassen, drastisch reduzieren.

Wenn nötig sogar mit eigenen Wartelisten, wie Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) vor einigen Monaten in den Raum stellte.

Doch um welche Patientenzahlen und vor allem um welche Behandlungskosten geht es eigentlich? Aufschlüsse liefert die Beantwortung einer aktuellen Anfrage der Grünen durch Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ). Und sie wartet mit durchaus überraschenden Details auf.

So ist österreichweit, aber auch in Wien, die Zahl der Gastpatienten aus anderen Bundesländern deutlich zurückgegangen. In der Bundeshauptstadt von 118.145 (2014) auf 98.719 (2019) und dann noch einmal auf 84.474 (2024). Wobei den Löwenanteil erwartungsgemäß die niederösterreichischen Patienten ausmachen. Ihre Zahl ging von 2014 bis 2024 von 98.778 auf 68.319 zurück. Bei den Burgenländern sank die Zahl im selben Zeitraum von 13.291 auf 10.217.

Kurier-Grafik

Dennoch gerät Wien mehr und mehr finanziell unter Druck, wie sich aus den Zahlen ebenfalls herauslesen lässt. Denn trotz sinkender Gastpatienten-Zahlen entwickelte sich die Summe der für ihre Behandlung verrechneten LKF-Punkte eher in die Gegenrichtung. Zum Beispiel bei den niederösterreichischen Patienten von 295.433.302 (2014) über 328.439.647 (2019) auf 308.752.032 (2024). Womit unterm Strich ein Plus bleibt. Zur Erklärung: Die sogenannte Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) bepunktet Krankenhausleistungen nach Diagnose und Aufwand und rechnet sie über einen Euro-Wert pro LKF-Punkt ab. Dieser wird von Ländern und den dortigen Gesundheitsfonds festgelegt.

Für Ralph Schallmeiner, Gesundheitssprecher der Grünen, ergeben die aktuellen Zahlen aus dem Ministerium ein klares Bild: „Weniger Fälle, aber eine deutlich höhere Summe an LKF-Punkten – das zeigt eindeutig: Die Behandlungen werden komplexer und die Belastung steigt trotz sinkender Fallzahlen.“

Ralph Schallmeiner

 Ralph Schallmeiner, Grüne

Das Problem aus seiner Sicht: Die LKF-Punkte bilden nicht die tatsächlichen Kosten ab. Die Geldsumme ergebe sich erst durch die Multiplikation mit einem bestimmten Wert, der je nach Bundesland und Jahr unterschiedlich ist. Wie der Wert festgelegt werde, bleibe intransparent.

Blindflug

Diese tatsächlichen fallbezogenen Kosten konnte Schallmeiner mit seiner Anfrage jedoch nicht in Erfahrung bringen, sie liegen dem Ministerium nicht vor. „Wie sollen Länder fair miteinander abrechnen, wenn es nicht einmal echte, vergleichbare Kostendaten gibt? Wir sprechen hier von Hunderten Millionen Euro – und trotzdem gibt es keinerlei Transparenz darüber, was Länderüberweisungen tatsächlich kosten“, kritisiert der grüne Abgeordnete.

Angesichts dieser enormen Summen vermisst er eine verbindliche länderübergreifende Planung: „Die Länder klammern sich an ihre gesundheitspolitischen Schrebergärten, statt im Sinne der Patienten zusammenzuarbeiten, und inszenieren sich gleichzeitig als Opfer eines angeblichen ,Patiententourismus‘ – während sie jede ernsthafte Kooperation blockieren.“

Immerhin: Im Streit zwischen den Bundesländern der Ostregion haben sich zuletzt die Wogen etwas geglättet. Eine Expertenkommission soll eine Lösung in der Gastpatienten-Frage herbeiführen. „Alle Fakten sollen auf den Tisch“, betonen die Beteiligten.

Gesundheitsregion Ost

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat eine Versorgungsregion Ost bestehend aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland vorgeschlagen, mit gemeinsamer Planung, Steuerung und Finanzierung. Ob es je dazu kommen wird, ist ungewiss.

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