Gastpatienten-Streit auf dem Rücken des Spitalspersonals

Bekommt Wien zu wenig Geld für die Gastpatienten aus NÖ und dem Burgenland, die in den städtischen Spitälern versorgt werden? Ja, findet Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und denkt wie berichtet einmal mehr über getrennte Wartelisten für Wiener und Nichtwiener nach.
In den betroffenen Bundesländern ist man empört, überlegt Klagen und trägt bereits Fälle von Patienten zusammen, die jetzt schon von Wiens Spitälern abgewiesen werden. Allein der niederösterreichischen Patientenanwaltschaft liegen bereits rund 90 einschlägige Beschwerden vor.
Zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird durch diesen Polit-Streit auch das Personal in den Wiener Spitälern: „Besonders für die administrativen Mitarbeiter bedeutet die aktuelle Situation eine große Belastung“, sagt Martina Reischenböck, Konzernbetriebsratsvorsitzende der Vinzenz Gruppe, die mehrere Krankenhäuser in Wien betreibt. „Sie sind es, die den Gastpatienten, die ohnehin schon lange auf ihre Operation gewartet haben, mitteilen müssen, dass sie sich ein Spital in ihrem Heimatbundesland suchen sollen.“
Beschimpfungen
Woraufhin die Kollegen oft sehr emotionale Reaktionen bis hin zu Beschimpfungen abbekommen würden. „Für unsere Berufsgruppe ist das besonders schwierig, ist es doch für uns selbstverständlich, dass jedem Kranken geholfen werden muss, egal woher er kommt“, so Reischenböck zum KURIER.
Sie fordert: „Die Politik soll für eine Lösung sorgen und den Konflikt nicht auf dem Rücken der Patienten und Mitarbeiter austragen.“
„Das Gastpatienten-Problem ist langfristig nur über eine Gesundheitsstrukturreform zu lösen“, sagt Michaela Wlattnig, Sprecherin der ARGE Patientenanwälte. Diese Reform müsse mit allen Beteiligten im System entwickelt werden. Mit dem Ziel, dass Patienten mit ihrem jeweiligen Problem „in der medizinisch angemessenen Zeit die adäquate Versorgung erhalten“.
Ärger über Hacker
Zurück auf die politische Ebene: Während man in Niederösterreich und dem Burgenland nachhaltig über das Vorgehen Wiens verstimmt ist, ist man offenbar auch innerhalb der Wiener Stadtregierung nicht restlos begeistert über das forsche Auftreten von Stadtrat Hacker. „In der Analyse hat er ja recht“, sagt ein Rathaus-Insider. „In manchen Fächern liegt der Anteil der Gastpatienten bereits bei bis zu 40 Prozent. Betroffen sind vor allem jene mit einer schlechten Versorgung im niedergelassenen Bereich, etwa die Nuklearmedizin.“ Der Stadtrat habe allerdings die falschen Schlüsse gezogen: „Kein Patient wird besser behandelt, wenn man einen Krieg mit dem Burgenland und NÖ anzettelt“, sagt der Kenner der Rathaus-Politik.
Er ortet auch Dissens zwischen Hacker und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), dem das Vorgehen seines Stadtrats in dieser Frage missfalle. Vor diesem Hintergrund sei auch Ludwigs Reaktion auf Hackers jüngsten Ausritte zu verstehen: Der Bürgermeister appellierte an NÖ und das Burgenland, man möge sich an einem Tisch zusammensetzen, um eine gemeinsame Versorgungsregion Ost zu diskutieren.
Ohne Erfolg: In St. Pölten und Eisenstadt sieht man aktuell keinen Bedarf.
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