Gangbetten: Private Spitäler sollen mehr Patienten übernehmen

Diskussion um Rettungstransporte
Patientenanwältin pocht auf bessere Verteilung der Rettungszufahrten, um KAV zu entlasten.

Die Grippewelle hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Allein in Wien wurden in der Vorwoche 19.700 Neuerkrankungen gezählt. Immerhin: "In den Gemeindespitälern scheint sich die Lage leicht zu entspannen, weil jetzt viele Mitarbeiter wieder aus dem Urlaub zurück sind", sagt Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. Wie berichtet, mussten zuletzt wegen der Grippewelle besonders viele Patienten in Gangbetten untergebracht werden, was für heftige Kontroversen sorgte.

"Das Problem wird leider sehr eindimensional diskutiert", sagt Pilz. Sie will jetzt einen Vorstoß machen, um der Gangbetten-Misere in den Gemeindespitälern ein Ende zu setzen: "Bei solchen außergewöhnlichen Ereignissen müssen wir künftig auch die anderen Player in die Ziehung nehmen", betont sie. Konkret meint sie damit die privaten Spitalsträger – die AUVA mit ihren beiden Unfallkrankenhäusern, die Vinzenz-Gruppe und das Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse.

Keine Verpflichtung

Dort müssen derzeit keine Patienten auf dem Gang schlafen. Die privaten Träger haben aber auch keine gesetzliche Verpflichtung, jede Rettungsfahrt anzunehmen. "Einzelne Häuser stellen ab 19 Uhr auf Nachtbetrieb um und können nicht mehr angefahren werden. Dies gilt auch für das gesamte Wochenende", schildert Pilz.

Der Krankenanstaltenverbund (KAV) mit seinem umfassenden Versorgungsauftrag müsse hingegen rund um die Uhr jeden Patienten aufnehmen. "Derzeit muss der KAV täglich rund 800 statt der üblichen 600 Rettungsfahrten bewältigen. Das können die KAV-Häuser einfach nicht alleine stemmen." Pilz will jetzt Gespräche mit den privaten Trägern aufnehmen, um eine bessere Verteilung der Patienten zu erreichen.

"Natürlich würden wir uns wünschen, wenn wir mehr Spitäler anfahren könnten", sagt ein Sprecher der Wiener Rettung. Es komme sehr häufig vor, dass private Häuser keine Fahrten annehmen würden. Insgesamt würden dorthin überhaupt nur ein bis zwei Prozent aller Rettungspatienten hingebracht werden.

"Im Sinne der Patienten wäre das sicher gut", begrüßt auch eine KAV-Sprecherin die Vorschläge der Patientenanwältin.

"Wir haben Rettungskontingente, die wir mit der Stadt vereinbart haben und halten uns auch minutiös daran", betont Stephan Lampl von der Vinzenz-Gruppe, die in Wien fünf Spitäler betreibt. Grundsätzlich sei man aber für eine Ausweitung offen, wenn es seitens der Stadt auch eine entsprechende Honorierung gebe. Ab 2018 werde es auch eine Kooperation mit der Stadt zur Versorgung von unfallchirurgischen Patienten im Orthopädischen Spital Speising geben. Gerade in diesem Bereich gibt es im KAV relativ viele Gangbetten.

Enger kooperieren will auch die AUVA mit der Stadt. "Derzeit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der Versorgung von Trauma-Patienten", sagt eine Sprecherin. Den Vorschlägen Pilz’ will man sich nicht verschließen, gibt aber zu bedenken: "Unsere UKH sind an sich jederzeit für Rettungszufahrten verfügbar, es sei denn, der Schockraum ist gerade besetzt. Außerdem sind derzeit auch unsere beiden Häuser zu 90 Prozent ausgelastet."

Wegen der aktuellen Gangbetten-Misere in den Gemeindespitälern ist ein heftiger Streit zwischen Ärztekammer und Patientenanwältin Sigrid Pilz ausgebrochen. Pilz hatte zuletzt kritisiert, dass während der Weihnachtsferien auch zu viele niedergelassene Ärzte auf Urlaub gewesen seien.

Das sei nichts weiter als ein abermaliger haltloser Angriff auf die Ärzte, ist man bei der Kammer empört. "Tatsächlich waren knapp zwei Drittel der Hausärzte über die Feiertage im Einsatz. Das lässt sich auch über die Daten der Kassen belegen. Obendrein besteht kein Zusammenhang zwischen Gangbetten und der hausärztlichen Versorgung", sagt Präsident Thomas Szekeres.

Schuld an der Misere sei vielmehr Missmanagement in Krankenanstaltenverbund (KAV). Doch darüber dürfe Pilz nicht reden. "Ich habe den Eindruck, sie ist der verlängerte Arm der Stadt Wien", wettert Szekeres. "Ich frage mich, wie sie überhaupt noch in den Spiegel schauen kann."

"Untergriffig", nennt das Pilz. "Die Ärztekammer versucht auf meinem Rücken, ein politisches Spiel zu betreiben." Sehr wohl würde sie sich um die Missstände im KAV kümmern. Zuletzt sei sie im Wilhelminenspital gewesen, das von der Gangbetten-Problematik besonders betroffen ist.

"Selbst die Zahlen der Ärztekammer zeigen, dass zwischen 27. und 30. Dezember nur 57 Prozent der Ärzte im Einsatz waren", sagt Pilz.

Sehr wohl könnten die Hausärzte die Spitäler entlasten, ist die Patientenanwältin überzeugt: "Bei älteren dehydrierten Patienten etwa, würde es genügen, wenn sie vom Hausarzt besucht werden."

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