Fußbodenheizung für die Wand: 100 Projekte "Raus aus Gas" abgeschlossen

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Wie Dekarbonisierung gehen kann, zeigt sich in der Großen Neugasse.

Fußbodenheizung gibt es nicht nur im Fußboden. Sie kann auch in die Außenfassade integriert sein. Das zeigt das Wohnhaus in der Großen Neugasse 25 im 4. Bezirk. Von außen ein unscheinbarer 1960er-Bau. Doch hinter der grauen Erscheinung verbirgt sich das, was das Gebäude zu einem Vorzeigemodell für Dekarbonisierung im Bestand macht.

Die „fassadenintegrierte Bauteilaktivierung“. Oder einfacher gesagt: In die Außenfassade wurden Schlitze gefräst, in denen ein Netz an Wasserschläuchen verlegt wurde. Wie eine Fußbodenheizung. Darüber wurde die Wärmedämmung angebracht.

Heizen und Kühlen

Durch die Bauteilaktivierung der Fassade wurde es möglich, den Gaskessel gegen eine Wärmepumpe auszutauschen. Was gleich zwei Vorteile für die Bewohner mit sich bringt: Weniger Heizaufwand und Möglichkeit zur Kühlung.

Workers are connecting the pipes to the gas boiler.

„Raus aus Gas“ ist eines der großen Projekte, mit denen die Stadt Wien laut dem neuen Regierungsprogramm den Klimafahrplan einhalten will.

Wie funktioniert es?

Im Sommer wird das Wasser im Schlauchsystem mittels Wärmepumpe abgekühlt, wodurch die Wohnräume um bis zu zwei Grad kühler werden. Die überschüssige Wärme aus der Fassade wird über Erdsonden abgeführt und im Erdreich auf einem Nebengrundstück zwischengelagert. 

Im Winter wird die Wärme aus dem Erdspeicher zurückgeholt und die Fassade erwärmt, wodurch der zusätzliche Heizbedarf um 20 bis 25 Prozent reduziert werden kann. Der Strom für die Wärmepumpe stammt aus einer Photovoltaikanlage am Dach, sagt Ernst Bach, der Vorstandsvorsitzende der Sozialbau AG, der das Gebäude gehört. Ein baulicher Eingriff in die Wohnungen selbst war nicht notwendig.

Grund für die Sanierung sei gewesen, dass sich die Bewohner des Hauses kühlere Temperaturen in den Räumen wünschten. Eine Fußbodenheizung in die Fassade zu fräsen, „das haben wir vorher noch nie gemacht“, sagt Bach.

Pilotprojekt von TU begleitet

Das sei auch der Grund gewesen, weshalb man das Pilotprojekt von der TU wissenschaftlich begleiten hat lassen. Und die Erkenntnisse zeigten: Verzichtet man aufs Fräsen und klebt die Wasserschläuche stattdessen außen auf die Fassade, sinken die Kosten deutlich. Der Wärmeübergang aber sei nur minimal schlechter. „Statt der 3.500 Euro Kosten pro Wohneinheit glauben wird, dass wir durch das Aufkleben auf unter 2.000 Euro kommen“, sagt Bach. Projekte in diese Richtung verfolge man bereits.

Apropos weitere Projekte: Die Initiative „100 Projekte raus aus Gas“ ist im Juni abgeschlossen worden, wie Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky gemeinsam mit Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (beide SPÖ) bei der Besichtigung in der Großen Neugasse verkündete. 

Damit hat die Stadt nun 100 Projekte vor den Vorgang geholt, bei denen der Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme gelungen ist. Für die laufende Legislaturperiode hat sich die rot-pinke Stadtregierung weitere 100 vorgenommen. Der Fokus soll dabei auf die Kühlung gelegt werden, sagt Czernohorszky. An einer Kältestrategie werde derzeit gearbeitet, sie soll voraussichtlich nächstes Jahr präsentiert werden.

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