Der Baustellen-Sommer hat mit 30. Juni in Wien begonnen. Auf welche Routen Fahrgäste ausweichen können und wo wie viel zusätzliche Zeit eingeplant werden muss, wissen viele Öffi-Nutzer nicht.
34 Minuten brauchen Fahrgäste auf der U4 normalerweise, um von Hütteldorf an die Endstation Heiligenstadt zu gelangen. Derzeit sind es 20 Minuten mehr, die Öffi-Nutzer einplanen müssen.
Der Grund sind Sanierungsarbeiten, die die Wiener Linien an der U4 durchführen. Für Öffi-Nutzer bedeutet das, dass zwischen Schwedenplatz und Schottenring bis Ende Juli keine U-Bahn fährt. Für Verwirrung sorgt diese Fahrplanänderung seit Wochenbeginn speziell am Schwedenplatz, einem der wichtigsten Knotenpunkte des öffentlichen Verkehrs in Wien, wie ein Lokalaugenschein zeigt.
Viele offene Fragen
In der U-Bahnstation bleibt eine ältere Frau vor der Anzeigentafel stehen, auf der „Hütteldorf“ steht. Irritiert nimmt sie ihre Kopfhörer ab und blickt auf die Anzeigentafel in die andere Richtung. Auch hier steht „Hütteldorf“. Nur mit einer anderen Zeitangabe. „Wie komme ich jetzt ins AKH? Ich wollte zuerst mit der U4 und dann mit der U6 fahren, ich habe dort einen dringenden Termin“, klagt die Wienerin im Gespräch mit dem KURIER.
Für Fragen wie diese wurden seitens der Wiener Linien zusätzliche Service-Mitarbeiter abgestellt. „Ich habe heute sicher schon tausend Fragen von Fahrgästen beantwortet, die nicht wussten, wie sie nun weiterkommen“, schildert ein junger Mann, der als Stationsaufsicht für die Wiener Linien arbeitet. Er informiert die Fragenden, dass sie auf die Linien 1 und U2Z ausweichen können.
Schilder, die an allen Ausgängen des Schwedenplatzes stehen, sollen die Fahrgäste zusätzlich über alternative Routen informieren. Die wenigsten scheinen diese allerdings zu lesen. Ein weiterer Service-Mitarbeiter in gelber Warnweste lenkt die Öffi-Nutzer deshalb zu den Straßenbahnstationen.
„Das ist ein Wahnsinn, die Baustellen sind jetzt schon seit mehreren Tagen, aber das Ganze funktioniert überhaupt nicht“, beschwert sich Karl L., der auf die U2Z wartet, um Richtung Schottenring zu fahren.
Schäden vermeiden
Auf KURIER-Anfrage heißt es bei den Wiener Linien, dass man durchaus nachvollziehen könne, dass sich die Begeisterung über die Baustellen in Grenzen halte. „Aber für noch weniger Begeisterung würden dauerhafte Schäden in unserem Öffi-Netz sorgen. Deshalb sind die Instandhaltungsarbeiten auch so wichtig“, sagt dazu Sprecherin Eunike de Wilde.
Die verkehrsberuhigteren Sommerferien werden in Wien stets dafür genutzt, Bauarbeiten und Modernisierungen durchzuführen. „Dadurch ergibt sich ein recht kurzes Zeitfenster von neun Wochen, um alle größeren Arbeiten durchzuführen, die bei laufendem Betrieb nicht möglich sind“, sagt die Sprecherin.
Die Fahrgäste werden vor Ort durch die Service-Mitarbeiter, via Lautsprecherdurchsagen, auf der Webseite sowie der WienMobil-App über die geänderten Zeiten und Routen informiert. Dass diese Informationen bei den Öffi-Nutzern aber oft nicht ankommen, kritisiert die Passagierin Eveline, während sie in der U-Bahnstation Schottenring die Info-Tafel studiert.
„Ich hab zwar gehört, dass die Änderungen in den U-Bahnen über Lautsprecher angekündigt wurden. Es war aber in der Bahn so laut, dass ich nichts verstanden habe“, sagt die Niederösterreicherin.
Die U4 ist aber nicht die einzige Route, die derzeit von Sanierungsarbeiten betroffen ist. Auch die Strecke der Schnellbahnlinie 45 (S45) muss erneuert werden, die mit Hütteldorf die gleiche Endstation hat. Unter anderem werden die Gleise zwischen Hernals und Oberdöbling auf zwei Kilometern inklusive Drainagen und Entwässerung saniert. Außerdem wird im Türkenschanztunnel zwischen Gersthof und Oberdöbling gebaut.
Massive Verzögerungen
Wegen der Umbauarbeiten fahren zwischen Hernals und Handelskai derzeit keine Züge. Betroffene Fahrgäste müssen auf einen Ersatzbus ausweichen, der alle Haltestellen anfährt.
Dabei kommt es aber oft zu massiven Verzögerungen. Davon kann auch Fahrgast Kübra K. ein Lied singen. Ihr Arbeitsweg führt sie täglich von Hernals nach Handelskai. Normalerweise braucht sie für diese Strecke rund 20 Minuten. Nicht so am vergangenen Montag. „Die Fahrt ist mit dem Bus einfach doppelt oder dreifach so lang. Man muss sich viel früher auf den Weg in die Arbeit machen“, sagt Kübra K. Mit 45 Minuten Verspätung ist sie an dem Tag in die Firma gekommen.
Und der Sommer hat erst begonnen. Ein Ende der Umbauarbeiten ist vorerst nicht in Sicht: Die U1 wird unter anderem von 7. August bis 3. September in Richtung Leopoldau zweigeteilt, von 10. Juli bis 27. August wird auch die U6 geteilt. Zwischen Alterlaa und Am Schöpfwerk fährt die Linie nicht. Und auf den Bim-Linien sieht es nicht viel besser aus.
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