Oma lag tagelang am Boden und starb: Enkel vor Gericht
Der Zustand der alten Dame war sehr schlecht als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie hatte mehrere Aufliegegeschwüre auf ihrer rechten Körperhälfte. Im Hüftbereich wurde sie bereits von Maden befallen. Die Frau dürfte bereits Tage gelegen sein, bevor sie ihr Enkelsohn fand und die Rettungskräfte rief - für die 94-Jährige kam jede Hilfe zu spät.
Der Enkel, ein 47-jähriger Konditor, musste sich am Freitag im Landesgericht Wien wegen Unterlassung der Hilfeleistung mit Todesfolge und Vernachlässigung einer wehrlosen Person vor Gericht verantworten. Ihm drohten bis zu 10 Jahre Haft.
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Am 31. Oktober wollte der 47-Jährige nur kurz ein paar Einkäufe zu seiner Großmutter bringen. Als er ins Wohnzimmer kam, fand er die 94-Jährige am Boden liegend. Schockiert rief der Mann seine Zwillingsschwester, die seit ihrem 15. Lebensjahr bei der Großmutter wohnte und sich um sie kümmerte.
Diese rief sofort die Rettung - doch sie kam Tage zu spät. Die Frau starb wenig später im Krankenhaus. Angeklagt wurde nicht die Zwillingsschwester - sie ist nach einem psychiatrischen Gutachten nicht zurechnungsfähig - sondern der 47-jährige Bruder, der die Schwester bei der Pflege der Großmutter mit Einkäufen unterstützte und etwa im Zwei-Wochen-Takt nach dem Rechten sah.
Seit Tagen am Boden gelegen
"Ich habe zwei Tage zuvor mit der Oma telefoniert und gefragt, ob es ihr gut geht und ob sie etwas braucht", sagt der Konditor zitternd und sichtlich mitgenommen bei der Verhandlung. Die 94-Jährige hätte ihm versichert, dass bei ihr alles in Ordnung sei.
Laut Gutachten soll die Frau zu diesem Zeitpunkt bereits am Boden gelegen sein. Die Zwillingsschwester soll aufgrund ihres psychischen Zustands den Ernst der Situation nicht wahrgenommen haben, so die Psychiaterin. Warum die 94-Jährige sagte, dass alles in Ordnung sei, könne man heute nicht mehr sagen. Für das Telefonat gab es jedenfalls Zeugen: Die Frau und die Schwiegermutter des Angeklagten.
Die Großmutter und die Zwillingsschwester seien schwierige Personen, erklärte die Frau des Angeklagten. Man bekomme nur knappe Antworten, über Gefühle rede man nicht.
Er war ein Kümmerer
"Er hat sich bis zu ihrem Tod um seine Eltern gekümmert, er hat seiner Großmutter geholfen und hilft auch mir mit Einkäufen. Er war ein Kümmerer", sagte die Schwiegermutter im Zeugenstand.
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So sah es auch Verteidiger Alfred Krenn: "Der 47-Jährige hat sich gekümmert. Es war für ihn nicht erkennbar, dass seine Schwester in einer Notsituation nicht angemessen reagieren würde."
Nach nur zehn Minuten haben sich die Geschworenen entschieden: Freispruch. Der Tatbestand wurde nicht erfüllt. Die Staatsanwaltschaft stimmte zu, das Urteil ist rechtskräftig.
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