"Es gibt auch eine Zeit nach Michael Häupl"
KURIER: Herr Klubobmann, was werden die freiheitlichen Kernthemen im Wahlkampf sein?
Johann Gudenus: An erster Stelle steht die Sozialpolitik. Rot-Grün hat die Gebührenschraube stark angezogen. Es ist endlich an der Zeit, den Menschen wieder etwas zurückzugeben – etwa beim Heizkostenzuschuss. In den Genuss von Sozialleistungen sollen aber vorrangig Österreicher, dann erst EU-Bürger und Drittstaatsangehörige kommen. Wien muss auch als Bildungsstandort gestärkt werden. Wir sind weiter klar gegen eine Gesamtschule, sie bedeutet eine Nivellierung nach unten. Wir wollen ein differenziertes, aber reformiertes Schulsystem.
Trotz erwartbarer Zugewinne wird die FPÖ auch diesmal keinen Regierungspartner finden. Vor allem die SPÖ schließt eine Koalition klar aus. Ist dieses Zu-Tode-Siegen auf Dauer nicht frustrierend?
Mit seiner Ausgrenzungspolitik hat sich Michael Häupl nur selbst geschadet. Manche SPÖ-Funktionäre auf Bezirks-, aber auch Landesebene erkennen das und wenden sich von diesem Kurs ab. Diesen vernünftigen Kräften innerhalb der SPÖ reichen wir die Hand. Man darf nicht vergessen: Es gibt auch eine Zeit nach Häupl.
Kommt für Sie auch eine Koalition mit der ÖVP infrage?
Sie wäre für uns ebenfalls ein Ansprechpartner, denn ein Machtentzug würde der SPÖ sehr gut tun. Rein rechnerisch wird aber ohnehin nur die SPÖ als möglicher Koalitionspartner übrig bleiben, denn die ÖVP wird nach der Wahl kaum zweistellig sein.
Ob im Bund oder in Kärnten: Die Skandale der letzten FPÖ-Regierungsbeteiligungen beschäftigen heute noch die Öffentlichkeit. Warum sollte das aktuelle FPÖ-Personal regierungstauglicher sein?
Das ist ein Totschlag-Argument, diese Skandale liegen lange zurück. Zu unserem Personal: Wir haben drei nicht amtsführende Stadträte, die sehr gute Kontrollarbeit leisten. Auch unsere 28 Gemeinderäte sind bereit, mitzuregieren.
Abschließend: Wie sieht Ihr Wahlziel aus?
Unser Potenzial liegt bei mehr als 30 Prozent. Im Extremfall könnte sich aber auch Platz eins knapp ausgehen. Wir haben darüber hinaus gute Chancen, in Simmering den Bezirksvorsteher zu erobern. Möglicherweise geht sich auch in Floridsdorf, der Donaustadt, Favoriten und Meidling der erste Platz bei den Wahlen aus.
Die Situation der FPÖ ist denkbar paradox: Auch bei der Wien-Wahl wird sie vermutlich wieder an Stimmen zulegen, „ihre Wähler wollen aber gar nicht, dass sie regiert“, analysiert Politologe Peter Filzmaier. „In ihren Augen soll die FPÖ lieber in der Position der Regierungskritiker bleiben.“
Ungeachtet dessen haben die Blauen einmal mehr das Duell um den Bürgermeistersessel ausgerufen, auch wenn sich wohl auch diesmal kein Koalitionspartner finden wird. Als realistisches Ziel bleibt daher das Erreichen zumindest eines Drittels der Wählerstimmen – also ein Plus von rund sieben Prozent. „Alles andere wäre eine Niederlage“, heißt es parteiintern.
Aufwind erhalten die Freiheitlichen durch die verschärfte Debatte um islamistische Bedrohungen. „Mit unseren Warnungen haben wir recht behalten. Erst jetzt wachen alle auf“, gibt Klubchef Johann Gudenus die Argumentationslinie im Wahlkampf vor. Anders als noch bei der Nationalratswahl 2013 soll Wahlkampf diesmal stärker auf die einzelnen Bezirke maßgeschneidert werden. Bisher haben die Freiheitlichen Wien-weite Kampagnen gefahren. „Das war zu breit gestreut“, heißt es aus Parteikreisen. Dafür will man in den blauen Hoffnungsgebieten nicht nur in den Gemeindebauten Hausbesuche machen, sondern ein breiteres Publikum ansprechen.
Beispielsweise in Simmering, wo sich die FPÖ auf Bezirksebene den ersten Platz erhofft.
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