Fördergeld-Skandal: Jetzt Anklage wegen Mietbetrugs
Die Liste an Vorwürfen gegen Abdullah P. und Silvia K. werden die Justiz wohl noch länger beschäftigen, am Donnerstag wurde aber zumindest ein Teilaspekt in eine (noch nicht rechtskräftige) Anklage gepackt: Es geht um Mietbetrug. Das bestätigt der Anwalt der beiden, Ümit Vural aus der Kanzlei Rudolf Mayer, auf KURIER-Anfrage. Mayer habe die Mandanten am Freitag persönlich in U-Haft in der Justizanstalt Wien-Josefstadt besucht, sagt Vural: "Wie sie sich zu den Vorwürfen bekennen, steht aber noch nicht fest, dafür müssen wir die Anklageschrift noch im Detail prüfen."
Das Vorhaben musste zuvor vom Justizministerium und vom Weisungsrat abgesegnet werden, weil der Fall von "besonderem öffentlichen Interesse" ist (der KURIER berichtete).
Mietrückstand von 1,7 Mio. Euro
Gegen den 32-jährigen P. wird seit Mai 2015 wegen Betrugs mit Fördergeldern der MA 10, Wiener Kindergärten, ermittelt. Er soll der Kopf eines Netzwerkes namens "Team P." sein, das Strohmänner für verschiedene Kindergartenvereine eingesetzt hat. Der Schaden kann noch nicht beziffert werden, so umfangreich und verzweigt sind die Geschäftsverbindungen. Ein Wirtschaftsgutachter soll nun klären, ob Geld ins Ausland geflossen ist.
Im Zuge der Ermittlungen ist die Polizei auf etliche Mietverträge gestoßen, die im Namen von Vereinen, deren Obmann P. ist, laufen bzw. gelaufen sind. Der Mietrückstand beläuft sich alleine im Hauptquartier des Netzwerkes in Brigittenau auf rund 1,7 Millionen Euro. Zusätzlich dürfte P. Investitionszuschüsse erhalten haben, die wenige Tage später in bar abgehoben wurden. Den Eigentümer von 1000 m² großen Büroräumlichkeiten im Gasometer brachte man um rund 111.500 Euro, jenen einer Lagerhalle um 42.500 Euro; beide in Simmering.
In den Wohnungen soll P. Asylwerber untergebracht und pro Person und Monat bis zu 300 Euro kassiert haben. Silvia K. soll als Bürogehilfin von P. laut Anklage nicht nur daran beteiligt gewesen sein, die Eigentümer der Liegenschaften zu täuschen, sie soll auch selbst Mietverträge unterfertigt haben. Den beiden drohen bis zu zehn Jahre Haft.
In der Causa Fördergeldbetrug wird noch gegen fünf weiter Beschuldigte ermittelt. Einer davon ist Beytullah N., ehemals Hausmeister in den Kindergärten. Er brachte mit seiner Aussage im September 2015 den Stein ins Rollen, obwohl die MA 10 bereits im Mai Alarm geschlagen hatte.
Abdullah P. soll in seinem Namen eine Anstoßfinanzierung von 220.000 Euro kassiert haben – das Geld ist verschwunden. "Mein Mandant ist ein klassisches Bauernopfer", sagt Anwalt Philipp Wolm. "Seine Naivität hat ihm den Status des Beschuldigten eingebracht. Wir sind guter Dinge, dass die weiteren Ermittlungen den Tatverdacht entkräften."
Neben dem mutmaßlichen Fördergeld- und Mietbetrug, den Ermittlungen wegen Suchtgifts und Nötigung kommt noch etwas auf die Liste: Die Polizei Wien hat kürzlich begonnen, wegen des Verdachts des Kreditbetrugs zu ermitteln.
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