Flüchtling abgeschoben: "Österreich nimmt in Kauf, dass er stirbt"

Flüchtling abgeschoben: "Österreich nimmt in Kauf, dass er stirbt"
Hilfe vergebens: Der Afghane A. wurde nun nach Kabul geflogen. Unterstützer befürchten, dass er dort gesteinigt wird.

Letztendlich waren die Bemühungen von Dutzenden Unterstützern vergebens. Der 22-jährige Afghane A., für dessen Verbleib in Österreich sich auch Peter Pilz eingesetzt hatte, ist Mittwochnachmittag vorerst nach Istanbul abgeschoben worden.

"Dem jungen Mann steht die Steinigung bevor", berichtet die entsetzte Flüchtlingshelferin Doro Blancke dem KURIER. Der Bruder des jungen Mannes, der 2015 nach Österreich geflüchtet war, ist nämlich zum Christentum konvertiert. Das wisse die Familie in Afghanistan und mache ihn verantwortlich. "Er hat in Afghanistan keine Anlaufstelle. Österreich nimmt in Kauf, dass der Junge stirbt."

Bleiberecht

Für die Unterstützer ist der Fall von A. einzigartig. Der 22-Jährige hat sich in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich integriert. Er spricht fließend Deutsch. In drei Monaten hätte er seine HTL-Ausbildung abgeschlossen, berichten Freunde. Er hatte sogar bereits einen Job in Aussicht. "Er hätte dem Staat keinen Euro mehr gekostet", sagt Blancke.

Doch im negativen Bescheid seines Asylverfahrens hätte es unrichtige Feststellungen gegeben, auch das Verfahren in zweiter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ging negativ aus, berichtet der Ex-Grüne und Listengründer Peter Pilz. Letztendlich wurde sein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt. Bruder M. erhielt als Konvertit hingegen Asyl. Fakt ist allerdings, dass gute Integration im Asylverfahren keine Rolle spielt.

Ein Antrag auf humanitäres Bleiberecht - das ist bei sehr guter Integration möglich - läuft noch. Dieses Verfahren schützt A. jedoch nicht vor einer Abschiebung. Es kann sogar sein, dass jemandem Bleiberecht zugesprochen wird, wenn dieser längst nicht mehr im Land ist.

Kritik an Ministerium

Am Dienstag hat A.s Anwalt Georg Bürstmayr einen neuerlichen Asylantrag eingebracht. Denn durch den Übertritt seines Bruders zum Christentum hätten sich neue Asylgründe ergeben, so die Argumentation. Dieser neu eingebrachte Antrag schützte A, jedoch nicht vor der Abschiebung, wie Bürstmayr erklärt.

Zuvor war die Schubhaft des Afghanen am Montag vom BVwG als unzulässig erklärt worden. Er wurde enthaftet, noch im Gericht aber erneut festgenommen worden. 

"In der Sache mache ich mir wirklich Sorgen", sagt der Anwalt. "Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns für die Vernunft mehr Zeit nehmen." Der Anwalt spricht von einer hastig getroffenen Entscheidung für essenzielle Fragen.

Pilz schießt nun scharf in Richtung Innenministerium. "Wir wissen mittlerweile, dass es eine direkte Weisung gegeben hat, unmenschlich vorzugehen", sagt er. "Ich befürchte, dass wir einen Innenminister haben, der bewusst die Steinigung von unschuldigen Menschen in Kauf nimmt, um politisch zu profitieren", so Pilz. Am Dienstag hatten auch schon die Neos von einer möglichen Weisung gesprochen. Das Innenministerium hat bislang trotz mehrfacher Anfragen am Dienstag und Mittwoch nicht auf die Vorwürfe reagiert.

Falsches Signal?

Pilz will am Donnerstag entscheiden, ob er eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen Innenminister Herbert Kickl einbringt.

Zuletzt wurde vermehrt Kritik laut, dass die Regierung mit einem schärferen Flüchtlingskurs die Falschen abschiebt. Nämlich gut integrierte Flüchtlinge, derer man in Schulen oder Arbeitsstellen habhaft wird. Während "Islamisten und Erdogan-Spitzel", wie Pilz es formuliert, unbehelligt blieben. Das sei ein falsches Signal an Asylwerber: Nämlich unterzutauchen anstatt sich zu integrieren. "Der Innenminister schafft hier Unsicherheit".

A. wurde Mittwochnachmittag nicht als einziger angelehnter Asylwerber abgeschoben wurden. Wie viele Personen außer Landes gebracht wurden, war vorerst unklar. Eine Stellungnahme des Innenministeriums stand am Nachmittag noch aus.

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