Finanzrazzien um Wiener Disco-Tempel

Finanzrazzien um Wiener Disco-Tempel
Ex-Disco-Boss soll rund 4,7 Mio. Euro Einnahmen an der Steuer vorbei abgezweigt haben. Vorwürfe bestritten.

Am 30. März rückten Beamte des Finanzamtes Bruck-Leoben-Mürzzuschlag, der Großbetriebsprüfung Wien und der Kriminalpolizei zu Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Wien, Niederösterreich und im Burgenland aus. Im Mittelpunkt stand Roland R., ehemaliger Betreiber der Disco „Club Couture“ im Wiener Donauzentrum. Der Club ist einer der größten des Landes.

R. steht im Verdacht der schweren Steuerhinterziehung, der betrügerischen Krida, der Gläubigerschädigung und Bilanzfälschung. Der vermutliche Schaden wird vom Masseverwalter auf rund 4,7 Millionen Euro geschätzt. Der Verdacht: Der Disco-König soll sich mehrfach persönliche „Happy Hours“ gegönnt haben – das bedeutet, dass eine Hälfte versteuert wurde und die andere in seine Tasche gewandert sein soll.

Falsche „Happy Hour“

Anfang März 2015 schlitterte die GBV Gastro Betriebs- und Verwaltungs GmbH mit Sitz in Leoben in die Pleite. Sie war von Roland R. und zwei Partnern im Sommer 2007 gegründet worden und betrieb jahrelang die Wiener Großraum-Disco „Club Couture“. Eine Goldgrube, denn die Geschäfte liefen. Bis es zu heftigen Differenzen mit dem Wiener Magistrat kam – wegen mutmaßlich nicht bezahlter Vergnügungssteuer. Die Betreiberfirma eröffnete daraufhin ein Insolvenzverfahren.

R. selbst war zwischen Dezember 2010 und November 2014 Geschäftsführer und Alleingesellschafter in Personalunion. In dieser Zeit – und auch später noch – soll er laut Masseverwalter angeblich Bargeld-Umsätze von rund 50.000 Euro pro Monat an der Steuer vorbei einkassiert haben. Dabei besteht der Verdacht, dass er Mitarbeiter angewiesen habe, Happy-Hour-Preise (minus 50 Prozent) für Getränke in das Abrechnungssystem einzubuchen – obwohl die Kundschaft eigentlich 100 Prozent des Getränkepreises zahlte.

Ein Beispiel: An einem Freitag im August 2013 soll er einer Mitarbeiterin per SMS aufgetragen haben, „eine Minus-50-Prozent-Aktion“ durchzuführen. Das soll „der Code“ dafür gewesen sein, dass die Hälfte des Umsatzes an der Steuer vorbeifließen sollte. Von den tatsächlichen Einnahmen (57.500 Euro) an diesem Tag soll nur die Hälfte (29.363,39 Euro) ins Kassenbuch eingetragen worden sein. Die Einnahmen sollen in Firmen-Tresor zwischengebunkert worden sein. Am Sonntag soll R. das Geld aus dem Tresor entnommen und am folgenden Montag die Hälfte davon auf ein Firmenkonto bei der Erste Bank eingezahlt haben.

Drehkreuz

Die Liste der Beispiele ist lang. Außerdem steht der Ex-Disco-Zampano im Verdacht, an den Eintrittspreisen gedreht zu haben. Die Zahl der Kunden wurde nämlich mit einem Drehkreuz am Eingang erfasst. Es soll aber nur ein Teil des Eintrittspreises offiziell erfasst worden sein (meist zwei statt zehn Euro). Zugleich soll er an der Garderobe mitgeschnitten haben. Für jede Jacke sollen zwei Euro kassiert, aber nur 1,5 Euro verbucht worden sein. Unter dem Strich soll R. geschätzte rund 4,7 Millionen Euro abgezweigt haben. R. wird von drei ehemaligen Mitarbeitern belastet.

Der Rechtsanwalt von Roland R. weist gegenüber dem KURIER alle Vorwürfe zurück: „Die Einnahmen, die ihm seine Mitarbeiter abgeliefert haben, wurden stets auf das Firmenkonto eingezahlt. Er bestreitet die Steuerhinterziehung vehement. Sollte es zu Manipulationen gekommen sein, sagt R., dann wurden diese nicht von ihm vorgenommen. Das heißt aber, dass dann die Mitarbeiter für die mutmaßlichen Malversationen verantwortlich sein müssten. Und der Firmen-Chef hätte jahrelange sehr hohe und regelmäßige Schwarzgeld-Entnahmen nicht bemerkt. Das sollen nun die Ermittler der Finanz und der Kripo aufklären.

Die Disco wurde vom Masseverwalter bereits im vergangenen Sommer um lediglich 240.000 Euro brutto an den Mitbewerber Bollwerk verkauft.

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