Fiakergesetz: „Praktisch ein Berufsverbot“

Fiakergesetz: „Praktisch ein Berufsverbot“
Gesetzesänderung – Ein kleiner Fiaker steht jetzt vor dem Bankrott.

Martin Stelzel ist ein besonnener Mensch, doch wenn es um das neue Fiakergesetz geht, gerät er in Rage. „Die Stadt will die Fiaker loswerden. Sollen sie sie doch gleich an die Wand stellen." Der altgediente Fiaker steht in seinem Stall in Mariahilf und erzählt von besseren Zeiten. Von der Kindheit beim Großonkel im Kutschbetrieb, wie er einst mit dem Pferd Österreich bereiste oder auf der Bühne des Raimundtheaters stand. Im Hintergrund spielt das Radio die vierte Symphonie von Johann Wenzel Kalliwoda, die zwei Halblipizzaner Barbarella und Pamina stehen unruhig in ihren Boxen. Sie werden heute nicht ausfahren.

Ein neues Gesetz regelt die Ausfahrt für Fiakerkutschen. Pro Gespann gibt es entweder eine grüne oder eine rote Platzkarte. Mit einer grünen Karte darf ein Fiaker an ungeraden Tagen zu einem Stellplatz fahren, mit einer roten zu geraden. Unternehmer, die nur ein Gespann haben, dürfen so nur noch jeden zweiten Tag ausfahren. Stelzel hat eine grüne Karte, daher muss die Kutsche heute im Stall bleiben. „Dabei scheint die Sonne. Morgen regnet es, da darf ich dann fahren. Ein Irrsinn."

 

Tierschutz

„Diese Regelung ist im Sinne der Pferde", sagt Tierschutzstadträtin Ulli Sima. Das neue Gesetz wurde geschaffen, um die Pferde vor Überlastung zu schützen. „Die Pferde sind nicht überlastet. Im Gegenteil, die Pferde brauchen Bewegung", sagt Stelzel. „Ich kann ein Pferd nicht einfach in die Ecke stellen und den Zündschlüssel abziehen." Das neue Gesetz sei praktisch ein Berufsverbot. „Zeigen Sie mir eine Branche, in der es gesetzlich verboten ist, dass ich arbeite", sagt Stelzel.

Rund 1800 Euro netto verdient ein Fiaker im Monat, jetzt werden die Einnahmen halbiert, die Kosten laufen weiter. „Die Pferde brauchen Futter und müssen täglich bewegt werden, um ihre Kondition zu halten", sagt Stelzel. In diesem Moment stampft ein Pferd in der Box mit dem Fuß auf, als wolle es seinem Herren recht geben.

„Die Regelung wurde notwendig, da immer mehr Unternehmen entstanden sind, die Anzahl der Standplätze jedoch gleich geblieben ist", heißt es in der Causa aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou. „Die Stadt ist sich der Umwegrentabilität nicht bewusst", sagt Stelzel. Wie es weitergehen soll, weiß er nicht. Doch bevor er zusperrt, hat er noch eine große Fahrt vor. „Ich möcht` der Letzte sein, der noch einmal vierspännig um den Ring fährt."

 

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