Fehlgeburt nach Demoeinsatz war "Zeitungsente"
Diese Nachricht schlug in der heimischen Medienlandschaft ein: „Besonders tragisch: die Schwangere verlor nach dem Polizeieinsatz ihr Baby“, schrieb Der Standard. Und Österreich wusste gar zu berichten: „Schwangere verliert Baby nach Demo. Prügel-Vorwurf gegen Polizei“.
Zwei Tage nach den Demonstrationen von Linken und Rechten in Wien steht fest: Die Frau war nicht schwanger. Die Staatsanwaltschaft hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Gesundheitsakten der Frau beschlagnahmt. Aus diesen geht hervor, „dass bei der Betroffenen zur Zeit der Amtshandlung – entgegen der bisherigen Vorwürfe – keine Schwangerschaft bestand.“
Die „Offensive gegen Rechts“ empörte sich international darüber – und bot auch Übersetzungen über den „Skandal“ in diversen Sprachen an. Die Frau war am Samstag mit linken Demonstranten in eine Douglas-Filiale in der Josefstädter Straße geflüchtet. Plötzlich klagte sie über Schmerzen im Unterleib und erklärte, in der achten Woche schwanger zu sein. Sie wurde ins Spital gebracht und wegen Sachbeschädigung angezeigt. Bei der Polizei geht man davon aus, dass solche Vorwürfe auch dazu dienen, um vor der nächsten Demo gegen das „Fest der Freiheit“ der Burschenschafter am 4. Juni die Stimmung anzuheizen.
Bilder von der Demo:
Die Wiener Grünen fordern, dass der Polizeieinsatz bei der Anti-Identitären-Demo am Samstag in Wien von einer unabhängigen Kommission überprüft wird. Das Vorgehen der Exekutive müsse restlos aufgeklärt werden. Gleichzeitig betonten Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und der grüne Klubchef im Rathaus, David Ellensohn, dass in Wien kein Platz für Rechtsextreme sein dürfe.
"Wien war am Samstag erstmals seit Jahren Schauplatz eines öffentlichen Demonstrationszuges von Rechtsextremen aus ganz Europa. Bei derartig ungeniertem und provokantem Zur-Schau-Tragen von Verachtung demokratischer und menschenrechtlicher Grundprinzipien kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", zeigte sich Vassilakou am Montag in einem Online-Kommentar überzeugt. Zwar habe es sich nur um ein kleines Häuflein gehandelt - der Standpunkt der Stadt sei jedoch klar: In Wien sei für solche Aufmärsche kein Platz.
Vassilakou betonte jedoch auch, dass jemand, der Steine werfe, die Glaubwürdigkeit friedlicher Gegendemonstranten gefährde. Gleichzeitig seien Vorwürfe an der Einsatzführung und tatsächliche Übergriffe aufzuklären - auch im Interesse der Polizei selbst. Vassilakou plädierte für eine unabhängige Untersuchung durch Experten.
Ellensohn mutmaßte in einer Aussendung, dass die Polizei überfordert gewesen sei. Die Bilanz des Einsatzes sei verstörend: "Wer gegen Rechtsextreme demonstrierte, wurde von der Polizei alles andere als freundlich angefasst." Dies dürfe sich nicht wiederholen. Der Klubchef plädierte für einen Runden Tisch mit Vertretern von Bundespolizei, Stadt Wien und Demonstrationsteilnehmern.
Mikl-Leitner gegen Kennzeichnungspflicht
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat den Polizeieinsatz rund um die Kundgebung am Wochenende verteidigt. Die Exekutive könne sich nicht aussuchen, wer an welchem Tag demonstriert, sagte sie am Montag. Eine "Kennzeichnungspflicht" für Beamte lehnte sie ab, jedoch kann sie sich die Ausrüstung von Beamten mit Videokameras vorstellen, um Vorfälle nachzuvollziehen.
"Ich bin nicht bereit, die Polizei mit 'Nummerntafeln' zu kennzeichnen, wo einzelne Beamten und Beamtinnen vernadert werden", lehnte Mikl-Leitner dahin gehende Vorschläge ab. Jedoch könne man die Exekutive mit "individueller Videotechnologie" ausstatten, um feststellen zu können, wie es etwa zu einer Eskalation gekommen sei. Überprüft werden müssten in diesem Zusammenhang aber etwa rechtliche und datenschutzrechtliche Aspekte, also, wer in welchem Fall auf das aufgezeichnete Material zugreifen kann.
Die Beamten nahm Mikl-Leitner nach dem von linker Seite massiv kritisierten Einsatz in Schutz: "Es ist befremdlich, dass nach jeder Demonstration sofort ein Schuldiger gefunden wird: nämlich die Polizei."
Kritik
Massive Kritik von linksgerichteten Organisationen am Polizeieinsatz hagelte es auch am Montag weiter. So beklagten sich etwa Sozialistische Jugend (SJ), Junge Grüne und die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) über "massive Polizeigewalt" und "extrem gewalttätige Übergriffe" vonseiten der Exekutive. Hinter die Polizei stellte sich die FPÖ. Die Exekutive habe gröbere Ausschreitungen gegen Unbeteiligte verhindert und trotz "gewalttätiger Anarchos ruhig und besonnen agiert", so der Wiener Gemeinderat Wolfgang Jung.
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